
Mittwoch, 1.Oktober 2008: Feiertag, die Buden mit Gemüsen und Früchten sind geschlossen und auch „Ritas Esshaus“ ist zu. Heute wird das Ende des Ramadans gefeiert! Und Hanna erzählt uns, dass gestern das Jüdische Neujahrsfest war.
Paul und ich machen eine kleine Erkundungstour durch Domburg. Alle Leute denen wir begegnen sind sehr freundlich und grüssen. Sie versuchen auch mit uns zu sprechen, aber das erweist sich als sehr schwierig! Wir verstehen überhaupt nichts...
Wir kommen an der Schule vorbei für die grösseren Kinder. Die Kleinen und Mittleren müssen mit der Fähre über den Fluss nach Laarwyck in die Schule. Die Schule hier in Domburg besteht aus diversen einstöckigen Gebäuden. An einem der Schulgebäude sehen wir total vergammelte Eingangstüren zu den einzelnen Schulzimmern. Die Schulzimmer sind aufs Einfachste eingerichtet. Es hat nur eine Wandtafel und ganz einfach Pulte und Stühle, sonst gar nichts.



Donnerstag, 2.Oktober 2008: Wir brauchen Diesel. Mit dem Dinghy und 3 Kanistern à 20 l fahren wir an Land. Im Chinesenladen fragen wir Mister Chengxin, ob wir seine Sackkarre benutzen dürfen. Wir dürfen und marschieren zur etwa 500m entfernten Texaco-Tankstelle. Auch diese wird von Chinesen bedient und auch hier hat es einen Laden dabei. Unser oranger Dieselkanister, sehr mühsam in Brasilien gesucht, ist defekt und muss entsorgt werden. Wir kaufen einen schönen neuen roten Kanister und können so mit 60 l Diesel zurück zur MABUHAY. Ein Liter Diesel kostet hier 3.74 SRD (Sfr. 1.50 / 0.94 €). Paul füllt alles direkt in den Tank ein und macht noch eine zweite Fuhre, diesmal nur mit 40 l. Ich darf unterdessen eine ganze Stunde ins Internetlokal.
Abends wollen wir mit H+H zum Chinesen, zum essen gehen. Weil es aber dort nicht sehr gemütlich aussieht, sind wir bis zum Schluss wieder bei „Rita„ und essen schon wieder ein Bami Goreng.

Freitag, 3. Oktober 2008: Paul und ich machen uns um 10h30 auf den Weg zum „White Beach Resort“. Zuerst warten wir eine halbe Stunde, dann kommt ein Arbeiterbus der uns mitnimmt und ruck-zuck sind wir beim etwa 10 km entfernten „White Beach Resort“. Das Resort liegt am Surinam-River, etwas oberhalb unseres Ankerplatzes. Wir fragen an der Reception, ob wir uns das Gelände ansehen dürfen und später hier zu Mittag essen können. Die beiden jungen Frauen im Empfangshäuschen sind sehr unfreundlich (die ersten hier in Surinam!) und sagen uns, ja, wir können das Resort anschauen, aber das koste 10 SRD Eintritt! Ich erkläre ihnen, dass wir hier essen würden. Ja, aber es kostet trotzdem 10 SRD Eintrittsgeld! Wir lehnen dankend ab. 10 SRD sind 4 SFr. oder 2.50 € und dafür bekommen wir ein richtige Mahlzeit für eine Person. Wir laufen an der Hauptstrasse weiter und sehen über den Zaun, dass das Resort eine ziemliche Baustelle ist! Wir laufen und laufen und laufen immer auf der Hauptstrasse. Plötzlich kommen wir zum Dorf Accaribo, wo gerade die Schule aus ist. Die kleineren Kinder tragen als Schuluniform ein grün-weiss kariertes kurzärmeliges Hemd und lange blaue Jeans. Die Grossen tragen hellblaue Hemden mit kurzen Ärmeln und lange blaue Jeans. Das gilt für alle, Mädchen wie Knaben, richtig schmuck sehen sie aus! Hier essen wir in einem Indonesischen kleinen Restaurant das Mittagessen. Paul bestellt sich „Saoto met ei“, das ist eine Suppe mit einem ganzen gekochten Ei und einem Stück Huhn drin, dazu Bambussprossen und ? Dazu bekommt er ein Schüsselchen Reis, aber das kuckt er nicht an! Das kostet 8 SRD (3.20 SFr. / oder 2 €) und Paul ist des Lobes voll und happy mit seiner Suppe! Für mich gibt es „Teloh met kip“, das sind eine Art Pommes Frites, aber nicht aus Kartoffeln sondern aus einer anderen Wurzel die ich nicht kenne, dazu bekomme ich zwei Stücke gebratenes Huhn und ein Schüsselchen mit einer nicht zu scharfen Erdnusssauce. Mmmm... es ist köstlich und der Preis: 8.50 SRD (Sfr. 3.40 / 2.15 €). Die Besitzerin des Restaurants erklärt uns, dies seien Spezialitäten aus Java. Nun fragen wir sie nach dem Bus zurück nach Domburg. Sie fragt überall herum, aber es gibt keinen Bus nach Domburg. Paul findet das überhaupt nicht schlimm und macht kurzerhand Autostop! Schon das erste Fahrzeug hält an und fährt uns bis zum „White Beach Resort“. Hier nimmt uns der Schulbus gratis mit zurück nach Domburg. Wir sind die einzigen Nichtschüler in dem 30-Personen -Bus. Gegen 13h30 sind wir auf dem „Dorfplatz“, machen einen kurzen Einkauf bei Mister Chengxin und gehen danach heim auf unsere MABUHAY.
Schön war er, unser kleiner Ausflug!
P.S. So ein grün-weiss-kariertes Schuluniform-Hemd kostet überall SRD 6.50 (SFr. 2.60 / € 1.63)



Samstag, 4.Oktober 2008: Nach einem kurzen Anruf in die Schweiz (anrufen = bellen auf Holländisch), um Claudia zum Geburtstag zu gratulieren, sind wir um 8h50 unterwegs im Dinghy ans Land. Wir wollen in die Stadt Paramaribo. Vom Dinghy aus sehen wir, dass mit der Flut grosse Grasinseln den Fluss hinauftreiben, und zwar genau auf die geankerten Schiffe zu. Wir haben vorgestern gesehen, wie solch eine „Insel“ beim Schiff vom Engländer Ron am Bug hängenblieb. Paul sieht schon die schlimmsten Horrorszenarien, wie der Anker vom Gewicht des Treibgutes ausgerissen wird und die MABUHAY herrenlos auf dem Fluss herumtreibt. Die Entscheidung ist schnell gefällt, wir drehen um und bleiben auf dem Schiff, bis alle schwimmenden Inseln den Fluss hinauf, und mit der Ebbe wieder den Fluss hinab getrieben sind. Und tatsächlich, einige der grössten Brocken wären genau an unserem Bug hängengeblieben, hätte Paul nicht wie ein Wachhund aufgepasst, den Motor laufen lassen und mit dem Bugstrahlruder den Hindernissen ausgewichen wäre. Inzwischen ist es 11h und wir gehen nicht mehr in die Stadt


Sonntag, 5.Oktober 2008: Domburg scheint am Sonntag für die Einheimischen aus der Umgebung ein magischer Anziehungspunkt zu sein. Gegen 15h begeben Paul und ich uns auf den Dorfplatz von Domburg um uns ein wenig umzusehen. Es hat sehr viele Leute, die einfach nur auf den Mauern und Bänken sitzen und still auf den Fluss schauen. Auch die Kinder sind ganz ruhig und man hört überhaupt kein Geschrei oder Gequengel. Die meisten Familien haben grosse Kühlboxen dabei mit Pick-Nick und Getränken darin. Die umliegenden kleinen Restaurants, die sonst die ganze Woche geschlossen sind, haben heute geöffnet und auch die Gemüsestände bieten ihre Waren an. Die Leute haben alle Farben, von hellstem Braun bis zum dunkelsten Schwarz. Weisse sind eher selten. Am meisten staunen wir aber über die Autos. Etwa 98 % der Autos sind grosse, neue, teure Wagen. Die meisten sind enorme Offroader mit mächtigen Pneus. Die allermeisten von den Gefährten haben imposante Spezial-Alufelgen, so dass Paul nur immer wieder den Kopf schüttelt! Scheinbar lieben diese Einheimischen auch die Details, wie die Rahmen für die Nummerschilder. Die man in allen möglichen und unmöglichen Formen antrifft.
Wir setzen uns gemütlich vor ein Restaurant und schauen dem bunten Treiben zu. Plötzlich gibt es ein Gewitter und wir verziehen uns unter das Dach ins Innere der Gaststätte. Es ist richtig schön, wenn der Regen auf das Blechdach trommelt! Die Wände des Wirtsraumes bestehen nur aus Drahtgeflecht und wir können immer noch dem Hin und Her der Leute draussen zuschauen. Diese beeindruckt der Regen überhaupt nicht und sie laufen gemütlich weiter.
Nachdem der Regen aufgehört hat und wir genug geschaut haben, kehren wir zurück zur MABUHAY um dort 3 Bündel 30-50 cm lange grüne Bohnen (die heissen hier „Strumpfbandbohnen“) zu kochen. Mmm...die geben einen herrlichen Bohnensalat! Von diesen Bohnen kaufen wir immer, wenn wir irgendwo welche finden.


Montag, 6.Oktober 2008: Paul und ich wollen in die Stadt Paramaribo. Heute warten wir „nur“ 40 Minuten auf den Bus. Wir haben Glück und es hat noch Platz für uns. Aber unterwegs, an einer Haltestelle (heisst hier :Bushalte),warten 7 Frauen. 5 haben noch Platz in unserem Bus, 2 müssen draussen bleiben und schauen, wie sie irgendwie weiterkommen. Der Chauffeur lässt nur so viele einsteigen, wie es Sitzplätze hat. Nach ziemlich genau einer Stunde sind wir an der Endstation in Paramaribo. Paramaribo hat ca. 250'000 Einwohner. Die Stadt liegt am linken Ufer des Flusses Surinam, ca. 23 km stromaufwärts vom Atlantik entfernt. Der Name Paramaribo ist wahrscheinlich von einem Karibendorf Parmirbo abgeleitet. Im Jahr 1613 gründeten zwei Niederländer eine kleine Handelsgesellschaft in der Nähe von Parmirbo. Die Stadt wurde bei zwei Grossbränden 1821 und 1832 in Teilen zerstört.
Heute wollen wir Touristen spielen. Wir spazieren dem Fluss entlang bis zum „ Fort Zeelandia“, kommen am Gebäude der Nationalen Versammlung vorbei und zum „Onafhankelijkheidsplein“ (das ist einfach! und heisst: Unäbhängigkeitsplatz). Am Ende dieses Platzes befindet sich das Finanzministerium aus dem Jahre 1836. Dieses Gebäude wurde aus Backsteinen erbaut, die als Ballast in den Handelsschiffen aus Europa herüber gebracht wurden.
Aber das Schmuckstück an diesem Platz ist eindeutig der strahlend weisse Präsidentenpalast. Wirklich ein wunderschönes Häuschen! Direkt dahinter befindet sich das „Palmentuin“, ein öffentlicher Park mit tausend schönen, schattenspendenden Palmen. Diesen Park durchqueren wir, um in eine belebte Geschäftsstrasse zu gelangen. Wir befinden uns in einem Chinesenladen und sind am Beraten, wieviele und welche Sorte Haushalt-Papierrollen wir kaufen wollen. Da tönt auf einmal neben uns eine Stimme auf Züridütsch: „Ah.. diese heimatliche Sprache hört man selten in Surinam!“ So lernen wir Elisabeth und Walter aus dem Kanton Aargau kennen. Die beiden sind zwei Wochen hier in den Ferien und fliegen am Donnerstag wieder nach Hause. Nachdem wir vor lauter Palavern den Gang zwischen den Verkaufsregalen blockiert haben, spazieren wir alle vier zusammen zum Hotel Zeelandia Suites, wo die Schweizer untergebracht sind. Im Hotel-Restaurant essen wir etwas zu Mittag und unterhalten uns weiter über Gott und die Welt. Elisabeth ist halb Holländerin, halb Schweizerin und hat natürlich den grossen Vorteil, die Sprache hier zu verstehen und zu sprechen.
Zum Abschied schenkt sie uns noch zwei Bücher (auf Deutsch), die wir noch so gerne entgegen nehmen.
Auf dem Rückweg zum Bushalteplatz kommen wir an wunderschönen weissen Holzhäusern vorbei. Ich sehe hier die früheren weissen Damen mit ihren langen rüschenbesetzten Kleidern und einem Sonnenschirmchen, begleitet von einer schwarzen Sklavin promenieren. Echt, hier könnte man wirklich einen Film drehen!
Die Architektur von Paramaribo ist ein Gemisch von niederländischen, deutschen, französischen- und später auch amerikanischen Einflüssen. Diese Einflüsse hängen eng mit den historischen Entwicklungen zusammen die das Land durchlebt hat. Hierdurch hat Paramaribo einen vollkommen eigenen Stil entwickelt, wobei hauptsächlich Holz- und weniger Ziegelsteine verwendet wurden. Auch die Multi-Ethnische Zusammenstellung der Bevölkerung war vor allem von Einfluss auf die vielfach vorhandene religiöse Architektur von Kirchen, Synagogen, Moscheen und Tempeln.
Seit Juli 2002 steht das historische Zentrum von Paramaribo auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
Paramaribo ist der wichtigste Hafen des Landes, von hier aus werden die Erzeugnisse des Landes nach Übersee verschifft.
Kaum sitzen wir im „geheizten“ Bus nach Domburg, bedauern wir, Elisabeth und Walter nicht zu uns aufs Schiff zu einem Besuch eingeladen zu haben. Abends, wieder auf der MABUHAY, versuchen wir drei Mal in ihrem Hotel anzurufen. Jedes Mal sagt man uns, sie seien unterwegs beim Spaziergang.









Dienstag, 7.Oktober 2008: Um 8h30 rufen wir wieder im Hotel Zeelandia Suites an und diesmal klappt es tatsächlich. Um 11h30 treffen Elisabeth und Walter mit dem Bus in Domburg ein. Wir erwarten sie bei Rita. Wir fahren alle mit dem Dinghy zur MABUHAY und zeigen unserem Besuch unser schwimmendes Heim. Nach einem einfachen, kalten Imbiss bei uns an Bord, und einem kurzen und kühlenden Regenschauer, ist es um 16h30 schon wieder Zeit, an Land zu fahren, damit die zwei noch einen Bus nach Paramaribo erwischen. Das war schön, wieder einmal so richtig ausgiebig im heimatlichen Dialekt zu sprechen. Elisabeth und Walter sind sogar so nett und nehmen ein Päckchen für unsere Enkelin Jessica mit in die Schweiz. Nochmals Danke vielmals! Uebrigens haben wir im Laufe der Gespräche festgestellt, dass Walter einen unserer Kameraden von den Naturfreunden Lengnau kennt!!! So klein ist die Welt!
