
10.- 22.08.2008 Ueberfahrt Brasilien-Französisch Guyana
Sonntag, 10.August 2008: Hanna und Hellmut sind mit ihrer Albatros gestern Nachmittag flussabwärts gefahren, um hinter einer Insel die letzte Nacht in Brasilien in Ruhe zu schlafen, ohne Radau und Ramba-Zamba-Musik die ganze Nacht. Als sie den Anker hochnehmen wollen, hängt ein riesiger Ast in ihrer Ankerkette. Wir sitzen unterdessen in der Einheimischen-Bar am Fluss, um unsere 3 letzten brasilianischen R$ in ein Bier umzuwandeln. Wir merken, dass Albatros ein Problem hat, stürzen den letzten Schluck Bier hinunter, um ihnen per Dinghy zu Hilfe zu eilen. Wir befreien sie von dem Monstrum und sie entschwinden unseren Blicken, den Rio Paraíba hinunter.
Jetzt, Sonntagmorgen um 9h30 wollen auch wir unseren Anker heben um loszufahren. Aber wir können den Anker nicht mehr hochziehen, er ist wie einbetoniert. Wir probieren es immer wieder, aber es geht einfach nicht, da ist absolut nichts zu machen. Unser Dinghy liegt, ohne Luft, sauber gewaschen und verpackt in der Backskiste. Paul ruft ein kleines Motorboot herbei, in dem vier Personen sitzen. Wir erklären ihnen, dass wir ein Problem haben und einen Taucher brauchen. Paul weigert sich standhaft selber in diese Brühe abzutauchen!!! Die vier Brasilianer fragen uns, ob sie uns ans Ufer bringen sollen. Ich steige zu ihnen ins Bötchen und sie bringen mich rüber zu einem der Bolero-Restaurants. Die Vier kommen aus São Paulo und eine der Frauen arbeitet bei der Schweizer Bank „Crédit Suisse“.
Ich eile zur Werft vom Engländer Brian, aber da ist alles geschlossen und verriegelt. Ja klar, es ist ja Sonntag! Bei der Einheimischen-Bar am Fluss treffe ich zufällig auf Nino, der junge Bursche, der uns vorgestern das Unterwassserschiff geputzt hat. Ich erkläre ihm unser Problem und er ist sofort bereit, zu kommen und zu helfen. Aber es koste 50 R$ (30 Sfr /20 €) sagt er mir klar und deutlich! Ich bin mit allem einverstanden, wenn wir nur wieder freikommen. Aber ich sage ihm auch, dass wir keine brasilianischen R$ mehr haben, nur Euro. Er ist damit einverstanden und wir fahren sofort mit seinem Schalen-Dinghy raus zur MABUHAY. Er nimmt noch seine Harpune mit, weil er anschliessend noch Fische jagen will. Die Harpune legt er inzwischen bei uns an Deck und taucht dann sofort ab, es ist jetzt 10h52. Nino hat keine richtige Taucherausrüstung, nur Schnorchel, Taucherbrille und Flossen, dazu einen zerschlissenen kurzen Neoprenanzug. Er meldet uns sofort, dass unsere Ankerkette mehrmals um einen grossen Stein verwickelt sei und dazwischen sei noch dicke Nylon-Angelschnur verheddert. Mit unserem Brotmesser schneidet er mühsam die zähe Nylonschnur von der Kette. Mit zwei langen Seilen fixiert er das Schiff irgendwo unter Wasser, Paul muss mit dem Motor vorwärts und rückwärts, oder mit dem Bugstrahlruder ein wenig nach links oder nach rechts fahren. Manchmal müssen wir auch wie verrückt von Hand an den Seilen ziehen. Nino taucht immer wieder auf und sagt uns, was wir machen müssen. Er macht den Anker an ein Seil und wir müssen ihn an Bord hieven und von der Ankerkette lösen. Danach kann er die freie Kette besser von dem verflixten Steinbrocken entwirren. Nach 1 Stunde und 23 Minuten hat es Nino geschafft, wir sind befreit, eine Superarbeit hat er geleistet!!! Zum Glück ist schönes Wetter. Genau drei Stunden nachdem wir den Schlamassel entdeckt haben, sind wir wieder manövrierfähig. Von den anderen Seglern, die im Fluss liegen sind wir enttäuscht! Kein einziger kommt um zu fragen, ob wir Hilfe brauchen. Im Gegenteil! Der Engländer Peter, der nur etwa 50m von uns entfernt liegt, beobachtet und gafft volle 1½ Stunden mit dem Fernglas zu uns herüber. Und er hätte ein fahrbereites Dinghy im Wasser. Das muss ja eine tolle Unterhaltungs-Show für ihn gewesen sein! Bestimmt noch viel besser und spannender als die olympischen Spiele in Peking! Blödmann!!! Zu allem anderen Elend haut mitten in unserer Befreiungsaktion auch noch Ninos Dinghy ab und er muss ihm nachschwimmen um es wieder einzufangen.
Wir bezahlen Nino das Doppelte von dem was er verlangt hat und schenken ihm ausserdem noch eines von den besser ausgerüsteten Schweizer Taschenmessern. Das hat er sich wirklich verdient! Wir verabschieden uns herzlich und dankbar von ihm und können endlich, so gegen 12h30 flussabwärts fahren. Kaum in Fahrt, bemerken wir, dass Ninos Harpune noch bei uns an Deck liegt. Wir drehen eine Runde und geben die Harpune im Vorbeifahren bei der Segelyacht „Pamela“ ab, damit Norbert sie an Nino zurückgeben kann. Kaum ist das passiert, sehen wir , dass Nino mit einem Motorboot angebraust kommt, um seine Harpune zu holen.
Ehrlich, so hätten wir uns den Abschied von Brasilien nicht vorgestellt!
Endlich können wir die ungefähr 5 sm den Rio Paraíba hinunter ins offene Meer fahren. Hier empfangen uns 20 Knoten Wind und 2 m hohe Wellen. Aber das Wasser hat wieder wunderschöne Farben, in Grün-, Türkis- und Blautönen. Der Wind ist toll, aber wir hätten ihn lieber ein wenig mehr von Osten als von Süden.
Unser Ziel heisst Französisch Guyana. Ungefähr 1340 sm von hier. Französisch Guyana ist dort, wo die europäische Raumfahrtbehörde, die ESA, ihre ARIANE-Raketen, vom Raumfahrtbahnhof Kourou ins Weltall schiesst.
Die ESA (European Space Agency) ist die europäische Raumfahrtorganisation mit Sitz in Paris.

Montag, 11. August 2008: In der Nacht gibt es immer wieder vereinzelte Regenfälle, aber nicht sehr Heftige. Um 04h geht der Wind von 18 Knoten auf 8 zurück. Wir wollen segeln und deshalb versuchen wir geduldig alle Tricks. Aber um 10h geben wir auf und starten nun doch noch den Motor. Das „ auf den Wellen herumturnen“ und die Schaukelei sind doch zu unangenehm.
Um 14h, ich versuche gerade ein Mittagsschläfchen zu halten, schreit Paul: „ Komm, komm, aber ganz schnell!“ Ich tapse nach meiner Brille und spurte nach oben. Der Skip hat einen Wal entdeckt! Er ist etwa 5-6 m lang, unten weiss und oben grau. Hie und da taucht er auf, direkt neben der MABUHAY, prustet und schwimmt dann dicht unter der Wasseroberfläche, ganz nahe am Schiff, neben uns her. Manchmal legt er sich zum Schwimmen auf die Seite und wir können seinen ganzen langen, weissen Bauch sehen. Wir haben das Gefühl, dass auch er uns begutachtet. Etwa eine halbe Stunde lang begleitet er uns und verschwindet dann plötzlich in den Weiten des Atlantiks. Das war echt ein tolles Erlebnis!
Etmal: 122 sm
Leider ist das Wetter nicht so toll! Bis um 15h ist alles grau in grau und es regnet. Danach endlich wieder ein wenig Sonne. Der Wind ist sehr unbeständig und wir müssen zwischendurch motoren.

Dienstag, 12.August 2008: Die letzte Nacht war bis um 04h eine perfekte Segelnacht. Bei wunderbarstem ¾ Mond und Sternenhimmel segeln wir mit 13-16 Knoten dahin und die richtige Strömung hilft uns auch noch, gut voran zu kommen. Die Nacht ist angenehm warm. Das Wasser fluoresziert wunderschön. Es sieht aus, als ob es ganz viele Glühwürmchen darin hätte. Aber um 04h geht der Kampf mit den verflixten Squalls wieder los. Diese Squalls kommen in Form einer schwarzen Wolke daher und bringen heftige Windböen (30 Knoten) und sintflutartigen Regen mit sich. Diesmal werden wir Reff-Olympiasieger!
Tagsüber gibt es keine besonderen Vorkommnisse. Mit Schiebestrom und 15 Knoten Wind läuft es prima. Nur sollten wir ein wenig westlicher fahren, das geht aber nicht mit diesem SSE und motoren wollen wir nicht!
Ethmal: 133 sm
Um 19h20 gibt es dann noch kurz ganz zünftige „Action“. Paul hat gekocht, wir haben gegessen und ich bin soeben fertig geworden mit Abwaschen. Da ruft der Skipper plötzlich ganz aufgeregt: “Der Autopilot funktioniert nicht mehr!!!“ Oh nein, nur das nicht, denken und sagen wir beide. Das würde nämlich bedeuten, dass wir die nächsten 1000 sm (1850 km) von Hand steuern müssten. Und das ist bei 17 Knoten Wind und diesen Wellen unheimlich anstrengend. Jetzt heisst es handeln! Wir drehen bei und belegen. Das heisst, wir nehmen ein Segel auf die Backbordseite und das andere bleibt auf der Steuerbordseite. Jetzt bleibt das Schiff stehen, Paul kann zum Heck, die Badeplattform herunterlassen und nachschauen wo das Problem liegt. Die Feder vom Autopilot-Geber ist herausgesprungen und liegt zum Glück noch da. Mein Bordmechaniker kann den Schaden beheben und nach ca. 30 Minuten Zwangs-Stopp können wir weitersegeln. Uff...!!! Wir sind beide wahnsinnig erleichtert und froh.

Mittwoch, 13.August 2008: Die Nacht verlief gut, ohne weitere Probleme, aber sehr holperig, wegen den grossen Wellen. Schlafen ist sehr schwierig! Kein Regen, wunderschöner Sternenhimmel.
Den ganzen Tag machen wir zügige Fahrt bei herrlichem Sonnenwetter. Wir sind immer noch zu weit östlich! Nach dem Abendessen, um 19h 25min. 24 sek. überqueren wir den Aequator und sind ab sofort wieder auf der nördlichen Halbkugel der Erde.
Etmal: 142 sm

Donnerstag, 14. August 2008: Die Nacht verläuft gut, ohne Besonderheiten. Einzig das Schlagen des Vorsegels, weil wir unbedingt den Westkurs einhalten wollen, nervt ziemlich.
Seit zwei Tagen und Nächten haben wir keine Squalls mit Regen mehr. Bei der Wachablösung, morgens um 06h machen wir eine Halse und kreuzen jetzt endlich in die „richtige“ Richtung, nämlich nach Westen. Wir wollen ja schliesslich nach Französisch Guyana und nicht nach Afrika.
Den ganzen Tag läuft es super, mit 8-9 Knoten Speed und das bei herrlichem Wetter. So gefällt es und doch!
Etmal: 153 sm

Freitag, 15.August 2008: Die ganze Nacht und den ganzen Tag läuft es prima. Alles bestens, bei schönstem Wetter. Wir sind zwar immer noch ein bisschen zu wenig westlich, aber nur ein bisschen.
Mir kommt das so vor wie in den Wildwest-Filmen. Da reitet John Wayne auch vier Tage ostwärts und biegt dann links ab, um in den Westen zu gelangen.!!!
Etmal: 177sm (Rekord!)
Um 20h haben wir einen Vogel, einen schwarzen Vogel! Er flattert zuerst ein wenig geniert am Heck herum, immer näher und plötzlich lässt er sich auf dem Dinghy-Motor nieder, der am Heck der MABUHAY festgemacht ist. Dort bleibt er bis um 22h45 gemütlich sitzen. Nun flattern plötzlich zwei schwarze Vögel am Heck herum, aber sie setzten sich nicht hin und verschwinden dann irgendwann im Dunkeln.
Brasilien zu verlassen hat den Vorteil, dass ich mich nicht mehr mit dem schwierigen Portugiesisch herumzuschlagen brauche! In Französisch Guyana, unserem Ziel wird Französisch gesprochen. Aus diesem Grunde habe ich mir ganz fest vorgenommen, auf dieser Fahrt ein französisches Buch zu lesen. Jeden Tag verschiebe ich dieses Vorhaben aus irgendeinem Grunde noch ein bisschen. Aber heute kommt mir keine gute Ausrede mehr in den Sinn und ich mache mich endlich hinter das Buch. Es heisst: „L'Héritage des Templiers“ (Das Erbe der Templer), von Steve Berry, und ist im Stile von Dan Brown ("Illuminati" und „Sakrileg“) geschrieben. Es ist 563 Seiten dick und fängt schon saubrutal an. Da wird der Abt des Templerordens in Paris an ein Kirchenportal genagelt, und damit er auch wirklich noch mehr Schmerzen hat, wird das Tor immer wieder heftig auf und zugeschlagen. Irgendwann wird er dann wieder heruntergenommen und ein paar Tage später bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrannt...
Also ehrlich, wenn das in dem Buch so blutrünstig weitergeht, überlege ich mir, ob ich es nicht doch lieber in den Tiefen des Atlantiks versenken werde, bevor ich mich mühsam durch die 563 Seiten gekämpft habe.

Samstag, 16.August 2008: In der Nacht nix Besonderes, ausser, dass wir immer noch zu weit östlich reiten, ähh... segeln.
Und ausser, dass Skipper Paul heute morgen um 9h ein halbes Paket Müesli-Mischung auf den Salon-und Küchenboden verteilt hat. Die Fische freuen sich bestimmt!
Etmal: 143,5 sm
Es ist bewölkt aber schön warm und kein Regen. Höllisch schöner Sonnenuntergang und danach silbrige Vollmondnacht.
Sonntag, 17.August 2008: In der Nacht keine besonderen Vorkommnisse. Um 06h, bei der Wachablösung machen wir wieder eine Halse, um unserem Ziel Französisch Guyana ein wenig näher zu kommen.
Danach knete ich einen Brotteig um dann müde ins Bett in der Bugkabine zu klettern. Um 8h30 stehe ich wieder auf, ohne ein einziges Auge voll geschlafen zu haben. Wieso eigentlich nicht? Die Fahrt ist sehr ruhig und gediegen. Es hat wenig Wind, 9 Knoten, vielleicht fehlt mir das Gerumpel und Geschaukel der letzten Tage und Nächte.
Den ganzen Tag hat es fast keinen Wind, nur 6-7 Knoten und wir schleichen nur noch langsam dahin. Aber das Wetter ist wunderbar schön.
Etmal: 112,7 sm
Kurz vor 19h steigt der Mond als orange-roter Ball aus dem Atlantik hervor. Langsam verwandelt er sich in eine silbrige Scheibe, die uns die ganze Nacht den Weg leuchtet.
Montag, 18.August 2008: In der Nacht nichts Besonderes vorgefallen, ausser sehr wenig Wind und wir machen nur noch Schleichfahrt. Punkt 6h 00 findet auf der Steuerbordseite der MABUHAY ein herrlicher Sonnenaufgang statt, während auf der Backbordseite der Mond immer noch hoch am Himmel steht. Bei noch 5 Knötchen Wind von hinten, kommen wir um 8h20 nicht mehr drum herum den Motor anzuschmeissen. Die Segel flappen nur noch und nerven den Skipper schauerlich. Gleichzeitig mit dem Motoranwerfen nehmen wir den Wassermacher in Betrieb. Heute erstmals mit den neuen, ausgewechselten brasilianischen Wasserschläuchen und neuen Filtern. Jetzt entsalzen wir den atlantischen Ozean, 39 Liter pro Stunde!
Etmal: 104,4 sm
Den Atlantik zu entsalzen müssen wir schon bald wieder aufgeben. Der Wassermacher kann irgendwie zu wenig Wasser ansaugen. Das muss später am Ankerplatz in aller Ruhe nochmals kontrolliert werden.
Am Nachmittag hustet und spuckt plötzlich der Motor, er bekommt zu wenig Diesel. Paul muss in den heissen Motorenraum steigen um 3 Dieselfilter auszuwechseln, dabei ist es doch sonst schon heiss genug (heute 32°). Der Fachmann meint, der brasilianische Diesel sei zu unsauber und habe die Filter verstopft. Und tatsächlich, nach dem Wechsel schnurrt der Yanmar-Motor wieder tadellos. Nach dieser schweisstreibenden Anstrengung nimmt Paul heute seine zweite Dusche am Heck der MABUHAY. Es hat immer noch fast keinen Wind und wir müssen stundenlang motoren.
Genau in diesen Frust hinein erhalten wir heute per Funk, mitten auf dem atlantischen Ozean, eine Einladung aus Lengnau zu Bohnen, Speck und Härdöpfu (Kartoffeln). Mmm..., wir freuen uns und uns läuft jetzt schon das Wasser im Munde zusammen. Ein richtiger Aufsteller, diese Einladung, merci vielmals!!!

Dienstag, 19.August 2008: Die Nacht war sehr, sehr langweilig! Ständig unter Motor laufen wir 5 Knoten (nicht ganz 10km/h) dahin. Seit fast einer ganzen Woche sind wir keinem einzigen anderen Schiff mehr begegnet. Das Meer liegt selten ruhig und flach vor uns. Anstatt zu zunehmen nimmt der Wind noch ständig ab. Um 9h haben wir noch 2 Knötchen Wind, das ist nur ein Hauch, etwa 3,7 km/h, nicht gerade viel, oder? Paul nutzt die ruhige Fahrt um von den Reservekanistern 40 Liter Diesel in den Tank umzufüllen.
Etmal: 127.6 sm
Um 14h20, genau nach 30 Stunden motoren stellt Paul entnervt den Motor ab. Jetzt dümpeln wir langsam und still vor uns hin. Es ist unheimlich heiss heute, 34,6° im Salon. Puhhh...!
Um 16h treffen wir auf eine ziemliche Gruppe von grossen Delfinen oder kleinen Walen. Wir können sie nicht identifizieren. Sie schwimmen und fressen in aller Gemütlichkeit um die MABUHAY herum. Wir sehen nur hie und da ihre Rückenflossen, wenn sie auftauchen um neben uns auszuprusten. Einer, vermutlich der Chef-Delfin-oder Wal, hat eine ganz markante, ausgefranste Rückenflosse. Wir setzen uns beide auf den Bug der MABUHAY, um das friedliche Treiben besser beobachten zu können.
Endlich, so gegen 18h steigert sich der Wind langsam auf 10 Knoten und unsere Schleichfahrt legt ein bisschen an Tempo zu, auf etwa 4 Kn.

Mittwoch, 20.August.2008: Die ganze Nacht sind wir auf Schleichfahrt. Es ist sehr ruhig und friedlich, aber auch sehr langweilig! Meine zweite Wache von 03h -06h will und will nicht enden! Gegen morgen nimmt der Wind wieder mehr ab und wir dümpeln mit etwa 2.5 Knoten dahin. Der Skipper weigert sich hartnäckig, den Motor anzuwerfen „ Wir sind ein Segelschiff!“ meint er trocken.
Etmal: 100 sm
Weil es so ruhig ist und er ja Zeit dazu hat, hisst Paul am Nachmittag die französische Tricolore (Französisch Guyana gehört zu Frankreich) und die gelbe Flagge (bedeutet,dass wir noch einklarieren müssen). Den ganzen Nachmittag stecken wir in totaler Flaute. Es ist schönes Wetter und sehr heiss. Wir duschen am Heck der MABUHAY, lesen, dösen und ich stricke ein wenig um uns die Zeit zu vertreiben. Endlich um 18h40 entschliesst sich der Skipper doch noch, den Yanmar-Motor anzuwerfen. Heute geht der, immer noch fast runde Mond, erst sehr spät auf, erst um 21h30, dafür aber sehr schön. Gegen 24h nimmt der Wind stetig zu und bei der Mitternachts-Wachablösung können wir den Motor abstellen und mit 10 Knoten Wind von S nur mit dem Grosssegel segeln.

Donnerstag 21.August 2008: Um 05h muss ich Paul wecken. 18 Knoten Wind aus SW. Wir setzen das Vorsegel und mit den beiden gerefften Segeln geht es einigermassen gut vorwärts. Rundherum wetterleuchtet es ganz gespenstisch. Um 8h45 müssen wir leider schon wieder motoren .12 Knoten Wind kommen aus W, genau von da wo wir hinwollen, und die sehr starke Strömung treibt uns immer weiter weg von unserem Ziel. Von Wind aus W war übrigens in keiner einzigen Wetter-und Windvorhersage die Rede, es ist zum Verzweifeln!
Etmal: 110 sm
Wir sitzen gemütlich im Cockpit beim Abendessen, als der Wind innerhalb von Sekunden von 12 Knoten auf 30 Knoten zunimmt. Wir fahren in eine dunkle Wand, mitten in ein höllisches Gewitter hinein! Es regnet dermassen stark, dass wir kaum bis zum Bug und zum Heck der MABUHAY sehen können. Das Inferno ist total: starker Wind, sich ununterbrochen folgende grelle Blitze, die uns für Sekunden blenden, Donner und dazu die Sintflut! Den Wind und die starke Strömung haben wir voll auf die Nase, also gegen uns. Wir fahren mit dem Motor und gerefftem Grosssegel und bemühen uns verzweifelt, dieser Hölle so schnell als möglich zu entkommen. Aber, oh Schreck, wir kommen einfach nicht vom Fleck!!! Als der Spuk nach vollen 1 ½ Stunden endlich vorbei ist, stellen wir auf der elektronischen Seekarte fest, dass wir nicht nur an Ort und Stelle gefahren sind, sondern dass wir sogar um viele unserer mühsam erkämpften Meilen zurückversetzt wurden. So ein Mist aber auch!!!Einige der Blitze waren beängstigend nahe an uns dran und bei uns kommen schlimme Erinnerungen an den Blitzschlag von Italien im 2006 wieder hoch. Wir geben beide zu, zünftige Aengste ausgestanden zu haben.
Unsere sonst so gut eingehaltene 3-Stunden-Wachablösung gerät heute Nacht ein wenig durcheinander. Aber das ist ja nicht so schlimm. Wir sind froh, glücklich und dankbar, das schreckliche Gewitter heil überstanden zu haben! Puhhh..., das war vielleicht wieder mal „Action“!

Freitag, 22.August 2008: Um 9h20 sind wir bei der ersten Tonne des 8 sm langen Einfahrtskanals nach Degrad des Cannes in Französisch Guyana, wo wir einklarieren müssen. Während der ganzen Einfahrt begegnen wir nur dem Baggerschiff, das den Einfahrtskanal immer wieder freibaggert. Um kurz vor 12h ankern wir vor dem Verladehafen Desgrad des Cannes, im Fluss Mahury, wo ein riesiges Containerschiff soeben beladen wird.
Etmal: 118 sm
Ueber VHF-Funk, Kanal 16, nehmen wir mit dem Hafenkapitän Kontakt auf. Wir können uns bis um 13h30 bei ihm melden, sonst müssen wir am Montag wieder kommen. Während Paul das Gummiboot aufpumpt, bereite ich ein kaltes Mittagessen vor. Mit dem Dinghy fahren wir jetzt ans Ufer des Flusses, wo wir beim Aussteigen sofort bis zu den Knien im Schlick versinken. Notdürftig gewaschen machen wir uns auf den Weg zum Hafenkapitän. Sein Büro liegt direkt nebenan, in Sichtweite, aber wir kommen nicht hin, weil es überall hohe Zäune hat. Durch ein Loch in einem Zaun kommen wir bis vor ein grosses verschlossenes Tor. Ein sehr netter Franzose sieht uns hier ratlos herumstehen und holt extra beim Pförtner den Schlüssel um für uns das Tor zu öffnen. Er
begleitet uns sogar bis ins Büro des Hafenkapitäns. Das ist aber ein flotter Service hier! In diesem Verladehafen herrscht ein emsiges Treiben und alle Tore und Türen sind verschlossen und nur mit Badges zu öffnen.
Die sehr nette Frau im Büro des Hafenkapitäns lässt und ein Formular ausfüllen und in 5 Minuten ist das Einklarieren erledigt. Die Frau aus Paris erklärt uns, dass sie hier 40% mehr Lohn habe als in Frankreich und 40 % Steuerermässigung, weil sie bereit sei, hier in Französisch Guyana zu leben und zu arbeiten.
Nun sind wir hier also in Frankreich und somit in der EU. Französisch Guyana ist ein Departement von Frankreich. Unser erster Eindruck von diesem Land hier, vom Meer her: sehr hügelig, bewaldet und grün.
Hier gilt die gleiche Zeitverschiebung zur Schweiz und Deutschland, wie in Brasilien. Nämlich minus 5 Stunden im europäischen Sommer und minus 4 Stunden im europäischen Winter.
Zurück auf der MABUHAY essen wir schnell unser Mittagessen, heben den Anker und fahren nochmals etwa 6 sm weiter den Fluss Mahury hinauf, bis zum Ankerplatz direkt vor der Brücke, wo uns Hanna und Hellmut von der Albatros bereits erwarten.
P.S. Mein französisches Buch habe ich nicht im Atlantik versenkt. Ich bin auf Seite 535 und es ist enorm spannend!!!





