Freitag, 1.August 2008: Wieder in Jacaré
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Paul bekommt neue Sandalen

Freitag, 1.August 2008: Paul und ich fahren mit dem Zug nach João Pessoa, zur Bank. Es ist ein herrlich schöner Sonnentag und mein Skipper findet, die Stadt sehe ganz anders aus, wenn es einmal nicht regnet!

Zufällig finden wir bei einem Schuhgeschäft ein Paar Sandalen mit Profil für Paul. Seine Alten hatten wir ja nach seinem Sturzflug in eine Pfütze entsorgt. Die Sandalen die wir jetzt für ihn kaufen, kosten 15.90 R$. Es sind genau die Gleichen, wie meine, die ich im April in Cachoeira, am Rio Paraguassú, gekauft hatte. Nur habe ich dafür 38 R$ bezahlt!!!

Um 17h sind wir bei den Franzosen Elizabeth und Jean zum Caipirinha eingeladen. Die Einladung erfolgt als Dank, weil Paul ihnen geholfen hat, ihr Schiff „ Jelize“ in den Hafen zu verlegen.

Samstag, 2.August 2008: Es hat fast die ganze Nacht geregnet. Dafür regnet und bläst es heute tagsüber nicht, erst wieder gegen 18h.

 

Sonntag, 3.August 2008: Die letzte Nacht war der reinste Horror! Ab 22h fand in einer Disco hier in der Nähe ein Popfestival, oder so, statt. Die ganze Nacht dröhnen die Lautsprecher mit unmenschlicher Lautstärke zu uns herüber auf den Fluss. Dabei ist die Musik nicht zu identifizieren, es wummert einfach ohne Pause. Paul meint zwar einmal „Diana“ herauszuhören und ich erkenne „Bamba, bamba, bamba...“ Um 4h15 wird der Höllenlärm endlich ein wenig runtergeschraubt und ich hatte schon Hoffnung, das nun endlich ans Schlafen gedacht werden kann. Aber denkste! Der Radau geht weiter. Um 8h15, während wir frühstücken, dröhnt es immer noch aus der Disco. Und so geht es auch den ganzen Tag weiter! Ununterbrochen! Nur kommen jetzt auch noch die Sounds der Flussrestaurants dazu. Alle Sorten von Musik gehen nun wieder wild durcheinander. Kann man diesen Radau überhaupt noch Musik nennen?

Es ist herrlicher Sonnenschein und gegen 10 h kommen H+H zu uns an Bord, zum kollektiven Haareschneiden. Paul hat mir meine brasilianische Winterfrisur bereits verpasst und nun kommt als nächstes Hanna dran. Auch Hellmut vertraut sein graues Haupt Paul an und bekommt einen militärischen Kurzhaarschnitt.

Danach wird Hellmut von Paul auf unseren Mast gezogen, um dort ein defektes Ankerlicht auszuwechseln. Jetzt muss ich noch Paul scheren und dann sehen wir alle vier wieder aus wie neu! Mit Waschen und Brot backen verbringen wir den Sonntagnachmittag. Immer mit Rambazamba-Lärm von der Disco. Dung, dung, dung....den lieben langen Tag. Sogar der Bolero geht in dem Radau unter!

Montag, 4.August 2008: Auch die letzte Nacht war wieder unglaublicher Lärm aus der Disco zu erdulden. Allerdings haben wir, Paul und ich erstaunlicherweise trotzdem einigermassen schlafen können, im Gegensatz zu H+H. Und heute ist es geradezu langweilig STILL!

Paul und ich nehmen den 10h01 Zug und fahren für 50 Centavos pro Person (30 Rappen/0.20 €) bis zur Endstation des Zuges, nach Santa Rita. Die Fahrt dauert genau 50 Minuten. Eigentlich hätten wir dort gar nichts zu tun, aber wir wollen uns aus dem Zug die Gegend anschauen. Und auch im Zug drin gibt es auch diesmal wieder viel zu schauen. In Santa Rita machen wir einen kleinen Bummel durch die Stadt, schauen uns den Markt an, kaufen Bananen und Mandarinen, trinken etwas Kühles und nach 75 Minuten sitzen wir wieder im Zug nach Jacaré. Um 13h45 sitzen wir bereits wieder auf der MABUHAY, bei einem leicht verspäteten Salat-Mittagessen.

in Santa Rita

Dienstag, 5.August 2008: Schon wieder haben wir eine scheusslich laute Nacht hinter uns gebracht. Bis morgens um 4h sind wir dem nervenaufreibenden Tekno-Lärm hilflos ausgeliefert. Ich ziehe um 00h15 um in den Salon und versuche dort zu schlafen. Ich stecke mir Papiertaschentücher in die Ohren, aber auch das hilft nicht. Endlich, endlich so gegen 03h schlummere ich doch noch ein.

Sehr schönes Wetter. Um 9h treffen wir H+H beim Steg und fahren in einem hölzernen Boot, der örtlichen Fähre, über den Fluss. Schwimmwesten sind Pflicht! Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten bis auf die andere Seite, um eine Mangroveninsel herum, nach Ribeira. Von hier laufen wir 7 km dem Fluss entlang, auf einer Sandstrasse, die zwar hie und da von riesigen Regenpfützen unterbrochen ist, aber sonst in ganz gutem Zustand ist. Uns fällt auf, dass es hier absolut sauber ist und kein Müll an den Strassenrändern herumliegt. Irgendwann überholt uns ein Einheimischer mit seinem Fahrrad. Er zeigt uns eine Abkürzung zu unserem Ziel, zum Dorf Forte Velho. Er gibt uns von den Wurzeln zum Probieren, die er quer über dem Lenker seines Velos hat. Mmm.... die schmecken ganz prima, wie Nüsse.

In Forte Velho warten wir auf den Bus, nein, auf das Fährschiff nach Cabedelo. Diese Fähre entpuppt sich als ein Bus, der auf einem Schiff montiert ist. Es hat Platz für 80 Passagiere. Aber als wir beobachten, wie die Leute aussteigen, haben wir das Gefühl, es müssen sehr viele mehr sein.

Nach einem Zwischenstop erreichen wir Cabedelo. Dort trinken wir etwas und nehmen um 13h30 schon wieder den Zug zurück nach Jacaré. Der Zug ist sehr voll besetzt und heute fühle ich mich richtiggehend angestarrt. Scheinbar falle ich hier auf wie ein grüner Hund, mit meinen weissen Haaren. Hier sieht man sehr selten Leute mit so einem weissen Haarschopf.

die Fähre über den Fluss Paraiba, bei Jacaré
Schwimmwesten sind Pflicht !
am anderen Ufer
Brotfruchtbaum
Brotfrucht
unterwegs zum Dorf Forte Velho
herrliches Wetter
Abkürzung
im Dorf Forte Velho
warten auf die Fähre nach Cabedelo
Ebbe
da kommt der Bus, ähh, die Fähre
viele Schulkinder steigen aus
was für ein schöner Ausflug !

Mittwoch, 6.August 2008: Ahhh... endlich konnten wir wieder einmal eine ganze Nacht durchschlafen, ohne so einen elendigen Bumm-Bumm-Disco-Radau zu hören.

Dafür haben wir heute dermassen starken Wind, dass es mir eines meiner beiden hellblauen Fix-Leintücher, die ich zum Trocknen aufgehängt habe, fortfetzt. Ich muss Paul etwas helfen, schaue noch zu dem Leintuch, sehe es da hängen, drehe mich um und wie ich wieder hinschaue, ist es weg, einfach verschwunden, mit samt drei Stück von meinen stärksten und besten Wäscheklammern. Tja, ich sehe es auch nicht mehr im Wasser treiben und langsam absinken, nein, es ist wie weggezaubert! Das gibt’s doch nicht!!!

Donnerstag, 7.August 2008: Die ganze Nacht Regen, wir meinen, die Sintflut sei ausgebrochen. Bis um 13h regnet es ununterbrochen. Jetzt kommt Nino, ein junger Bursche um unsere MABUHAY unterhalb der Wasserlinie zu putzen. Bekleidet mit einem viel zu grossen, kurzen, verlöcherten Neoprenanzug, mit Flossen, Taucherbrille und Schnorchel kratzt er etwa 1½ Stunden am Rumpf des Schiffes herum und entfernt die angesetzten Muscheln. Respekt, das ist alles andere als eine leichte Arbeit. Und das heute, wo es überhaupt keine Sonne hat. Er sagt auch immer wieder:“Brr... frio (kalt!)“.

Da wir kein Bargeld mehr an Bord haben, um ihn zu bezahlen, nehmen Paul und ich den 15h Zug und fahren nach João Pessoa, um bei der Bank Geld zu holen. In der Hektik habe ich das falsche Portemonnaie erwischt und wir stehen mit dem €uro-Portemonnaie am Bahnhof von Jacaré. Die Zeit ist zu knapp um nochmals zum Schiff zurückzugehen und so versuchen wir, die Bahnfahrt mit einem €uro-Stück zu bezahlen. Der Mann am Schalter merkt es aber sofort und fragt ob wir kein brasilianisches Geld hätten. Leider nein, sagen wir, aber wir seien auf dem Weg zur Bank um Geld zu holen. Der Schalter-Mann, Antonio heisst er, macht uns den Vorschlag, das Fahrgeld nachher, wenn wir zurückkommen zu bezahlen. Wir sind platt über das grossmütige Angebot!

In João Pessoa gehen wir nur direkt zur Bank und nehmen den nächsten Zug wieder zurück nach Jacaré, wo wir dem strahlenden Antonio den Real Fahrgeld (60 Rappen/ 0.40€) für uns beide zusammen, aushändigen. Ist das nicht eine tolle Erfahrung?

Um 17h sind wir wieder auf der MABUHAY, selbstverständlich wieder mal nass bis auf die Knochen, es schüttet nämlich wieder richtig unverschämt!

der Brasilianische Real

Freitag, 8.August 2008: Die ganze Nacht regnet es wie gestört. Mit dem Zug um 7h54 gehen Hellmut, Paul und ich nach Cabedelo (diesmal hat der Zug 15 Minuten Verspätung). Wir werden übermorgen Sonntag Brasilien endgültig verlassen und müssen uns hier vorschriftgemäss abmelden. Um 8h30 treffen wir bei der Einwanderungsbehörde ein, aber leider ist der richtige Beamte nicht anwesend. Die Frau am Empfang schreibt uns eine Telefonnummer auf einen Zettel, wir sollen den Beamten zu Hause anrufen, damit er in sein Büro kommt, ihr Telefon sei kaputt. Ich denke ich höre nicht richtig und bekomme fast einen Anfall!!!!!!!!!! Nachdem ich mich wieder beruhigt habe, begeben wir uns zum Hafenmeister der brasilianischen Marine, um dort die Formalitäten zu erledigen. Hier sagt man uns, sie können nichts tun ohne die Papiere der Einwanderungsbehörde. Ich mache dem sehr netten Herrn den Vorschlag, ob er bei dem Beamten anrufen könne, damit er kommt um uns abzufertigen. Und tatsächlich, wir glauben es nicht, der Herr verlässt sein Büro, wo es keinen Telefonapparat hat und geht irgendwo telefonieren. Er kommt zurück und teilt uns mit, dass der Beamte unterwegs sei und bald kommen werde. Er bemüht sich sehr um uns und füllt schon mal aus, was er ohne Stempel der Einwanderungsbehörde ausfüllen kann. Jetzt gehen wir wieder rüber, zum Glück nur über die Strasse, zur Einwanderung. Hier müssen wir etwa 45 Minuten warten. Das Telefon der Empfangsdame scheint wieder zu funktionieren, es läutet nämlich ständig!!! Die vielen Angestellten der Einwanderungsbehörde stehen herum und haben nicht sehr viel zu tun. Aber sie haben eine wirklich sehr schmucke Uniform. Bordeauxrote lange Hosen, Mützen und Krawatten. Dazu ein gelbes kurzärmeliges Hemd. Am Gurt einen Revolver mit 6 Reservepatronen. Sieht imponierend aus. Endlich kommt unser richtiger Beamter, ohne Uniform, sondern in Zivil, und ruckzuck ist alles erledigt. Unsere Pässe sind abgestempelt und nun müssen wir nur noch zum Zollamt. Auch das ist nicht weit weg und wir werden sehr freundlich bedient, von einem jungen Mann der sogar ein wenig Englisch spricht. Jetzt müssen wir mit allen Papieren wieder zum Hafenmeister und nach knapp zwei Stunden ist schon alles erledigt. Aber eins müssen wir sagen, alle Beamten waren wirklich sehr nett und hilfsbereit. Und kein einziger hat wegen Hellmut's kurzen Hosen gemotzt.

Um 13h fahren wir ein letztes Mal mit einem Privatauto zum Supermercado Bom Preço, einkaufen. Alle Stauräume werden vollgebunkert! Pssst..., ich nenne keine Namen, aber Skipper P. hat über 2 kg (zwei Kilo !!!) brasilianische Schokolade in einer Schublade gebunkert.

Um 16h30 kommen H+H zu einem Bier zu uns an Bord.

Hier in Jacaré waren wir 7 Wochen im Fluss vor Anker. Und... der tägliche Bolero wird uns enorm fehlen!!!

wir waren genau 5 Monate im schönen Brasilien

Samstag, 9.August 2008: Schönes Wetter. Den ganzen Tag putzen und rumoren wir in und am Schiff herum. Nach dem Duschen verabschieden wir uns drüben am Steg von den Bekannten und trinken dann mit unseren allerletzten brasilianischen 3 R$ ein Bier im Flussrestaurant und geniessen noch einmal den Bolero von Jurandy auf dem Saxophon gespielt....

 

Sonntag, 10.August 2008: Am 11.März 2008 sind wir in Brasilien angekommen. Heute, nach genau 5 Monaten verlassen wir nun dieses interessante Land wieder. Einerseits reut es uns, Brasilien zu verlassen, andererseits freuen wir uns, etwas Neues zu entdecken. Unser nächstes Ziel ist Französisch Guyana, ungefähr 1300 Seemeilen (2400km) nordwestlich entfernt. Wir rechnen damit, in etwa 12 Tagen dort einzutreffen.

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