
Freitag, 16.Mai 2008: Bei herrlichem Sonnenschein fahren wir mit der 8h30-Fähre nach Valença. Valença liegt schön am Rio Una, 271 km südlich von Salvador, und hat ungefähr 80'000 Einwohner. Die Fahrt dauert nur eine gute halbe Stunde und ist wieder sehr schön, führt sie doch durch Mangroven- und Palmenwälder. Bei der Einfahrt nach Valença sehen wir als Erstes ein Quartier mit elenden Blechhütten, kurz, ein trostloses Armenquartier direkt am Fluss. Aber, jede noch so armselige Hütte, besitzt eine Fernsehantenne!
Valença ist eine ziemlich grosse Stadt und wir haben echt Hoffnung, hier endlich wieder einmal an ein wenig Bargeld zu kommen. Bei der Banca do Brasil, der Bradesco und der Caixa-Brasilia versuchen wir, an einem der unheimlich vielen Bancomaten Geld abzuheben. Vergeblich! Es klappt einfach nirgends. Bei allen diesen drei Banken hat es enorm viele Leute drin und wir fragen uns, was die alle hier wollen. Wir fragen die Sicherheitsbeamten, die überall herumstehen, ob wir Bargeld bekommen können, ohne über die Bancomaten zu gehen. „Não! Unmöglich!“ Alle drei Banken schicken uns zum Busbahnhof, dort könne man am Automaten 24 Stunden Geld beziehen, mit den Internationalen Karten. Wir laufen quer durch die Stadt, fragen immer wieder und finden schliesslich den Busbahnhof. Hier stehen zwei Bancomaten, aber auch von denen will keiner unsere Mastercard „erkennen“. Weil wir wieder mal eine Toilette suchen, gönnen wir uns in einem Restaurant einen Kaffee und essen zusammen ein Stück Kuchen. Es ist 10h15 und der geschäftstüchtige Wirt will uns unbedingt zum Mittagessen überreden....
Wir laufen wieder zurück ins Zentrum der Stadt, an die Hauptstrasse wo sich die Banken und die Geschäfte befinden. Jetzt versuchen wir, bei einem Laden, wo man Handys aufladen kann, mit unserer Mastercard Guthaben aufzuladen. Nein, auch hier kein Erfolg. In einem Fernseh-Telefon- Computergeschäft probieren wir es nochmals. Die Verkäuferin probiert es mit unserer Karte und meint: „Nein, diese Karte ist ungültig!“ Wir sind beide am Boden zerstört und wissen keinen Rat mehr. Jetzt wollen wir es ganz genau wissen und weil es inzwischen bald Mittag ist, essen wir in einem Kilo-Restaurant, wo angeschrieben ist, dass man mit Mastercard bezahlen kann. Paul isst ein paar Pommes Frites und drei Hühnerbeine und ich Kartoffelpüree, Lasagne und zwei Hühnerbeine. Paul bezahlt mit der Karte und siehe da, sie funktioniert tadellos. Aha!!! Also dann sofort wieder zurück ins Fernseh-Telefon- Computergeschäft und dem Fräulein triumphierend gesagt, dass die Karte gültig sei! Zuerst will sie nicht, aber dann versucht sie nochmals unser Handyguthaben aufzuladen. Und? Es klappt bestens! Wir geben nicht auf und marschieren hoffnungsvoll mit unserer Mastercard wieder in die drei Banken an die Bancomaten. Aber wir werden wieder enttäuscht und Geld wird keines ausgespuckt. Mist, Mist, Mist!!!Paul klammert sich an die allerletzte Hoffnung und meint, vielleicht klappt es jetzt doch noch beim Busbahnhof. Aber auch bei unserem zweiten Besuch beim Busbahnhof verweigern sich uns die beiden Bancomaten. Irgendwie verstehen wir das Ganze nicht, wieso können wir bei den Geschäften einkaufen, bekommen aber bei den Banken kein Geld??? Nun versuche ich im Internet wieder Fotos für den letzten Bericht nach Hause zu mailen, geht auch nicht! Jetzt reicht es uns aber, wir habne genug von Banken und Stadt und wir machen uns mit der 15h30-Fähre auf den Rückweg nach Galeão. Während der Fahrt isst Paul die erste Erdnuss-Glace seines Lebens. Hm, ist nicht schlecht! Zurück in Galeão machen wir einen kleinen Spaziergang durchs Dorf, um unseren heutigen Brasilien-Frust ein wenig abzubauen. Wir schauen zu, wie ein paar Männer ein Fischer- oder Fährboot zimmern.
Paul geht es sehr viel besser, aber die Schmerzen in seinem linken Ellbogen und Unterarm sind immer noch da. Der Arm ist geschwollen, sehr hart und juckt.
Ein Kilo-Restaurant ist eine Art Selbstbedienungs-Restaurant, in denen man nach Gewicht bezahlt. Egal ob Salat, Fleisch oder Gemüse, alles kostet den gleichen Preis. Hier gilt es auf die schweren Kartoffeln zu verzichten!






Samstag, 17.Mai 2008: Wir machen eine lange Wanderung durchs Dorf Galeão und den umliegenden Busch. Wie immer, ist auch heute wieder überall Wäsche zum trocknen aufgehängt. Auf einem Wald-Trampelpfad überholt uns eine junge Frau mit einem Becken voll trockener (d.h. schmutziger) Wäsche auf dem Kopf. Sie läuft den ganzen Weg barfuss. Wir folgen ihr eine weite Strecke bis wir zu ihrem Ziel, dem Waschplatz kommen. Viele Frauen stehen mitten im knietiefen Wasser und waschen mit einem grossen Stück Kernseife ihre Wäsche. Jede der Frauen hat Berge von schmutziger Wäsche neben sich, die noch gewaschen werden muss. Kleine Mädchen helfen den Müttern beim Waschen. Die Jungs spielen und müssen nachher helfen, die gewaschene Wäsche auf dem Kopf nach Hause zu tragen. Die Kinder, die nichts zu tun haben, wollen unbedingt auf ein Foto! Ein etwa 10-jähriges Mädchen schenkt mir ein Biscuit. Ein Knabe wäscht seine Turnschuhe hingebungsvoll mit einer Bürste, sogar die Innensohle nimmt er raus und schrubbt sie gründlich. Zu unserem grössten Erstaunen sehen wir auch zwei anwesende Männer. Einem wird soeben ein Becken mit nasser Wäsche auf den Kopf geladen und er macht sich auf den Rückweg zum Dorf. Der andere sitzt im Sand und wartet auf seinen Job. Ein Teil der Wäsche wird direkt hier zum trocknen über die Büsche gelegt. Wenn man einmal gesehen hat, wie hier gewaschen wird, schätzt man seine Waschmaschine zu Hause (oder auf dem Schiff) wieder doppelt!!!
Zurück im Dorf sehen wir eine Frau die ihre, an der Sonne getrockneten Fische, einsammelt und sie dann auf kleine Spiesse auffädelt. Wenn ich es richtig verstanden habe, werden diese später in Oel eingelegt.
Am Nachmittag schwimmen zwei Fluss-Delfin-Mütter mit ihren Jungen um die geankerte MABUHAY herum. Die beiden Jungen folgen herrlich synchron den Bewegungen ihrer Mütter.












Sonntag, 18.Mai 2008: Die ganze Nacht war sehr starker Wind. Heute wollten wir eigentlich weiter bis nach Gamboa, aber den ganzen Tag heult der Wind wie verrückt und am Nachmittag regnet es. Wir beschliessen, noch eine Nacht hier zu bleiben und morgen weiter zu fahren. Wir lesen und stricken.
Montag, 19.Mai 2008: Heute ist ein explosiver Tag!!! In Brasilien kauft man Joghurt nicht in Bechern, sondern in 950 Gramm-Plastikflaschen. Jeden Morgen mische ich einen tüchtigen Schluck Joghurt in unser Birchermüesli. Heute muss ich eine neue Flasche (aus dem Kühlschrank) aufmachen und während ich den Verschluss öffnen will, gibt es plötzlich einen Mordsknall und der Flaschendeckel fliegt mir heftig gegen das Brustbein. Ich weiss gar nicht was eigentlich los ist und wie mir geschieht. Paul, der daneben steht, erfasst die Situation sofort und grinst. Und jetzt sehe auch ich es..., mein eben sauber angezogenes T-Shirt, die Decke der Küche, die ganze Abdeckung über dem Kühlschrank, die Halte- und Schlingerleisten aus Holz, alles ist schön mit rosarotem Erdbeer-Joghurt garniert. Freude herrscht!
Das Wetter ist heute noch trostloser als gestern. Wind, Regen und jetzt schleicht sogar noch trüber Nebel heran. Und das im „sonnigen“ Brasilien!
Am Nachmittag lösen sich Regenwolken und Nebel doch noch auf und wir verlegen die MABUHAY zwei Stunden wieder etwa 8 sm den Rio Una hinunter, nach Gamboa. Der Ankerplatz ist zwar nicht so ruhig wie der in Galeão, weil hier ständig sehr viele kleine Fähren und grosse Touristen-Schlauchboote am Steg anlegen. Aber uns gefällt es hier sehr gut und wir erleben einen traumhaftschönen Sonnenuntergang.


Dienstag, 20.Mai 2008: Es ist wieder herrliches Brasilienwetter und wir wollen heute eine Wanderung unternehmen. Vom Dorf Gamboa aus laufen wir bei Ebbe 50 Minuten den wunderschönen Sandstrand entlang, nach Morro de São Paulo. (Position: 13°22.5' S / 38°55' W) Morro de São Paulo liegt auf dem äussersten Atlantikzipfel der Insel Tinharé, Luftlinie 30 sm (56 km) südlich von Salvador. Beim Schiffslandesteg passiert man einen steinernen Torbogen aus dem Jahre 1630. Dahinter versteckt liegt der richtig grosse, aber schöne Touristenort Morro de São Paulo. In jedem Haus hat es einen Souvenirshop oder eine „Pousada“ (Pension) mit Restaurant. Alle Strassen sind Sandpfade und Transporte werden mit der Schubkarre oder mit dem Maultier erledigt. Wir wissen, dass es hier im Ort einen Bancomaten gibt und wir hoffen wieder mal, Bargeld ergattern zu können. Aber auch hier klappt es nicht und wir fragen den Bankangestellten, der in einem kleinen Büro hinter dem Bancomaten an einem Computer sitzt. Auch er versucht es mehrmals erfolglos mit unserer Kreditkarte. Er meint, der Magnetstreifen sei defekt und wir sollen nach Valença, dort bekämen wir auf der Bank Bargeld. Ja denkste...
Wir schauen uns die wunderschöne Atlantikseite der Insel an und beschliessen, quer über die Insel nach Gamboa zurück zu laufen. Auch hier besteht die Hauptstrasse aus einer Sandpiste und wir marschieren gut etwa 75 Minuten, in der grössten Mittagshitze Richtung Gamboa. Aber auch heute haben wir wieder mächtig Schwein und plötzlich kommt ein schöner, gelber, fast neuer Traktor angerumpelt und der Fahrer fragt uns, ob wir mitfahren wollen.“Ja klar, sehr gerne!“ Mit einer schwarzen Frau und zwei schwarzen Männern klammern wir uns im Anhänger fest und lassen uns über unheimlich steile, schmale und total ausgefahrene Sandpisten nach Gamboa rütteln. Erst jetzt sehen wir, wie weit wir noch hätten laufen müssen und sind enorm dankbar über die Mitfahrgelegenheit. Mitten im Dorf lässt der Chauffeur uns aussteigen und als wir ihm ein Trinkgeld geben wollen, lehnt er es entschieden ab!
Beim Anlegesteg für die Fähren, direkt dort wo unser Dinghy immer noch unberührt liegt, essen wir in einem Restaurant zu Mittag. Aber vorher klären wir ab, ob sie unsere Mastercard akzeptieren. Jawohl, es ist o.k. Wir essen geräuchertes Schweinefleisch, Reis, Falofa, Bohnen und Salat. Alles sehr gut! Als es ums Bezahlen geht, haben wir wieder Pech. Die Mastercard funktioniert nicht!!! Wir müssen bar bezahlen und unser Bargeld wird langsam wieder sehr knapp!
Zurück auf der MABUHAY stürzt Paul sich in seine Taucherausrüstung und kontrolliert das Unterwasserschiff und reinigt den Propeller von Muscheln und anderem Getier. Dabei stellt er fest, dass wir die Zink-Anode, die das Metall des Propellers und der Welle vor Abnützung schützen soll, verloren haben.





Mittwoch, 21.Mai 2008: Bei sehr schönem Wetter machen wir nochmals einen ausgedehnten Spaziergang durch Gamboa. Dabei kommen wir bei den Waschfrauen vorbei, aber hier ist die „Wäscherei“ nicht so gross wie in Galeão, es hat nur vier Wäscherinnen. Aber auch in dieser Ortschaft steht ein kleines buntes Häuschen neben dem anderen. Wenn die Türen und Fenster offen sind, kann man hineinsehen. Die Zimmer, meistens nur zwei oder drei, sind winzig. Die Trennwände sind nur etwa 2 m hoch und die Zimmer sind nach oben offen. Das heisst, man kann direkt bis zu den Dachziegeln sehen. Aber! Es hat eine Fernsehantenne auf dem Dach oder neben dem Haus und: der Fernseher läuft!!! den ganzen Tag.
Am Strand zeigt uns ein Fischer stolz einen Rochen, den er gefangen hat und den er sehr sorgfältig am zerlegen ist.
Wo wir unser Dinghy parkiert haben, hat es ein „Ambulanzboot“, das sieht absolut cool aus!






Donnerstag, 22.Mai 2008: Brutal früh müssen wir aufstehen, um bereits um 6h30 Gamboa zu verlassen und nach Salvador zurück zu motoren (36 sm). Hier haben wir wieder Verschiedenes zu erledigen, unter anderem, den Kühlschrank wieder auffüllen, dort drin herrscht nämlich im Moment gähnende Leere.
Wir waren ganze fünf Wochen und zwei Tage in Flüssen und Buchten südlich von Salvador unterwegs, nie in einer Marina (es hat keine!) sondern immer vor Anker. Abgesehen von Pauls Krankheit von einer ganzen Woche und von unserem Aerger mit den verflixten Bancomaten, waren es fünf wunderschöne Wochen und wir haben wieder sehr viel Schönes und Interessantes gesehen.
Um 15h15 befinden wir uns wieder in der Marina Centro Nautico in Salvador. Wir versuchen auch hier wieder, mit unserer Mastercard Geld vom Bancomaten zu beziehen, aber vergeblich! Also wird nun Plan B angewandt. Von unserer gut versteckten eisernen Notreserve nehmen wir Bargeld in Schweizer Franken und machen uns auf den Weg zur Wechselstube in der Oberstadt. Auf dem grossen Platz direkt beim Elevador (Lift) wird ein etwa 3-stündiger Gottesdienst mit anschliessender Prozession abgehalten. Heute ist nämlich in Brasilien ein Feiertag; Corpus Christi (Fronleichnam). Es hat Massen von Leuten, die meisten sind in Weiss gekleidet. Eigentlich sind die Geschäfte geschlossen, aber für die Touristen sind Souvenirshops und für uns die Wechselstube offen. Und weil wir uns so sehr freuen endlich wieder mal ein wenig Bargeld im Portemonnaie zu haben, gehen wir gleich in der Altstadt etwas Gutes essen. In einer Strasse, wo es lauter Restaurants hat, werden wir regelrecht abgeschleppt. Die Kellner stehen auf der Strasse und schnappen sich die esswilligen Gäste und begleiten sie zu „ihrem“ Lokal. Wir sitzen vor dem Restaurant auf der Strasse und geniessen Filet mit Madeirasauce, mit Käse überbackene Batatas (Kartoffeln) und Bohnen. Den Reis haben wir diesmal von vorne weg abbestellt! Das Essen ist prima und zufrieden schlendern wir durch das schön renovierte Altstadtviertel Pelourinho. Plötzlich geraten wir an eine Gruppe mit zwei Mädchen (vielleicht 10 und 12 Jahre alt) und etwa 12 Knaben (8-14 ?Jahre) die in den Gassen Samba trommeln üben, wir nehmen an, für den nächsten Carnaval. Irgendwie haben sie keine so richtige Disziplin und der erwachsene Obertrommler hat alle Mühe ein wenig Ordnung in den Haufen zu bringen. Aber wenn sie trommeln tönt es unheimlich toll durch die engen Strassen der Altstadt. Mensch, das fetzt aber, ich könnte stundenlang zuhören!!! Aber mein Skipper will unbedingt schon zurück zum Schiff und dabei ist es doch erst 20 h!


P.S. Wir hegen den Verdacht, dass es sich bei Pauls Krankheit um das Dengue-Fieber gehandelt haben könnte. Wir sind nicht sicher, aber die Symptome passen einfach zu gut zu dieser Krankheit.
Dengue-Fieber
Das Dengue-Fieber ist eine Infektionskrankheit, die ausschließlich von zwei Arten der Stechmücken übertragen wird. Sie wird von vier verschiedenen Serotypen des Dengue-Virus verursacht. Die Symptome sind oft unspezifisch oder einer schweren Grippe ähnlich, können aber auch innere Blutungen umfassen. Das Dengue-Fieber ist auch als Sieben-Tage-Fieber, Polka-Fieber oder Knochenbrecherfieber bekannt. Bislang gibt es gegen die Erkrankung weder eine Impfung noch eine spezifische antivirale Behandlung.
In Deutschland und der Schweiz besteht eine Meldepflicht bei Verdacht, Erkrankung, Tod, direktem und indirektem Erregernachweis oder hämorrhagischem Krankheitsverlauf.
Name
Die Herkunft des Namens Dengue ist nicht eindeutig geklärt. Eine Theorie besagt, dass er sich aus dem Spanischen ableitet und mit Ziererei oder Mätzchen übersetzt werden kann. Diese Bezeichnung deutet auf eine schmerzbedingte, auffällig eigenartige Veränderung der Körperhaltung und Verhaltensweise bei erkrankten Personen hin, die eventuell auch nach Abklingen der Erkrankung fortbesteht. Nach anderen Quellen kommt "Dengue" aus dem afrikanischen Sprachraum (Swaheli) und steht für einen Krampfanfall, welcher von einem bösen Geist ausgelöst wird. Nach einer weiteren Hypothese stammt der Name aus der Malaiischen Halbinsel von Indochina.
Vorkommen des Erregers
Die Krankheit stammt ursprünglich aus Afrika, ist vor etwa 600 Jahren nach Asien eingeschleppt und mittlerweile auch in Amerika dokumentiert worden. Seit etwa 200 Jahren beobachtet man in vielen tropischen Gebieten weltweit ein epidemisches Auftreten des Dengue-Fiebers.
Der internationale Handel – wie beispielsweise Containerschiffe mit Obstimporten aus Afrika – ermöglichte es infizierten Mückenlarven, weitere Infektionsgebiete zu eröffnen, in denen sie normalerweise nicht vorkamen. Auch in den Tropen infizierte Reisende können die Erkrankung in normalerweise sichere Gebiete einschleppen. Aufgrund der globalen Erwärmung breitet sich das Dengue-Fieber nunmehr auch in den gemäßigten Breiten aus.
Hauptverbreitungsgebiet sind heute Lateinamerika, Zentralafrika, Indien, Südostasien, Teile des Pazifiks (z.B. Neukaledonien),und der Süden der USA. Auch nach Europa wird das Fieber heute regelmäßig eingeschleppt. Mit jährlich etwa 2000 eingeschleppten Fällen gehört Dengue zu den häufigsten viralen Infektionen bei deutschen Urlaubern.
Im Jahre 2006 traten Epidemien des Fiebers sowohl in der Dominikanischen Republik wie auch in Kuba auf (hier von August bis Oktober).Nach verschiedenen Berichten wurden in Kuba besonders betroffene Stadtteile von Havanna, sowie vier Provinzen von den Gesundheitsbehörden zeitweise abgeriegelt. Es wurden Hilfslazarette eingerichtet und Spezialeinheiten waren weit über das übliche Maß hinaus zur Bekämpfung der Moskitos im Einsatz. Seit November wurden nur noch vereinzelte Fälle bekannt. Obwohl dies anscheinend der stärkste Ausbruch in 25 Jahren war, berichteten kubanische Behörden nur sehr zögernd an die WHO. Es gab jedoch Berichte von vermehrten hämorrhagischen Verläufen der Infektion.
Anfang 2007 kam es in mehreren südamerikanischen Ländern zu vermehrtem Auftreten von Dengue-Fieber. Am 23. Februar 2007 verhängte die Regierung von Paraguay nach dem Ausbruch einer Dengue-Fieber-Epidemie (nach offiziellen Angaben mehr als 15.000 Erkrankte) für 60 Tage den Ausnahmezustand. Der an Paraguay grenzende brasilianische Bundesstaat Mato Grosso verzeichnete 42.000 Krankheitsfälle (Anfang März 2007). In beiden Ländern kam es zu mehreren Todesfällen, teilweise infolge hämorrhagischen Verlaufs der Erkrankung. Jüngsten Zeitungsberichten (März 2008) zufolge sind im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro die Zahlen der Infektionen und Todesfälle, insbesondere von Kindern, deutlich angestiegen. Dies stellt ein besonderes Problem für die Armenviertel dar.
Häufigkeit
Jährlich werden einige 10 bis 100 Millionen Menschen von dieser Erkrankung befallen, etwa 95% der Infizierten sind Kinder. 1999 war das Dengue-Fieber die am häufigsten durch Mücken übertragene Viruskrankheit. Etwa 2 bis 5 Prozent der Erkrankten versterben an diesem Fieber, insbesondere Kinder und Jugendliche. Bei Kindern bis zu einem Jahr liegt die Todesrate bei etwa 30%.
Übertragung
Die Viren werden ausschließlich durch den Stich von Stechmücken der Arten Aedes aegypti oder Aedes albopictus übertragen. Heute ist das Dengue-Fieber auch eine Krankheit der Großstädte, sowie auch der Slums (Favelas) in Brasilien, wo sich die Aedes-Mücken im stehenden Wasser vermehren. Solche stehenden Gewässer sind die oft bei mangelnder Kanalisation vorhandenen Grabensysteme sowie unverschlossene Wasserbehälter (Brunnen, Zisternen, Kloaken). Aber auch Behälter oder Abfall, in denen sich Regenwasser sammelt (Eimer, Dosen, Autoreifen, Plastikfolien), reichen für die schnell wachsende Larve der Aedes-Mücke aus.
Überträgerbekämpfung
Versuche im Zeitraum von 1950 bis 1960 die Krankheit durch das Bekämpfen von Mücken mit Insektiziden oder durch das Trockenlegen von Sumpfgebieten einzuschränken, waren damals zumindest vorübergehend erfolgreich. Heutzutage werden diese groß angelegten Bekämpfungsmaßnahmen aufgrund der damit verbundenen negativen Folgen für die Umwelt – Insektizidbelastung und Aussterben anderer Insektenarten jedoch abgelehnt. Angesichts der schnell einsetzenden Resistenzbildung der Mücken gegen die eingesetzten Insektizide (z. B. DDT) waren sie aber auch langfristig nicht erfolgreich. Außerdem wurden bei der Anwendung des ehemals neu entwickelten Mittels „Abate“ die bei der Anwendung empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen derart vernachlässigt, dass zum Teil schwere gesundheitliche Schäden bei den Anwendern die Folge waren.
Seit einiger Zeit wird ein nur die Larve angreifendes Insektizid eingesetzt, welches als ein sogenanntes „ökologisch korrektes“ Larvizid aus dem Bakterium israelensis gewonnen wird. Dieser Wirkstoff gilt als umweltverträglich, doch ist seine Wirksamkeit noch nicht eindeutig nachgewiesen. Ein weiteres biologisches Mittel zur Bekämpfung des Überträgers Aedes aegypti ,ist ein in stehenden Tümpeln vorkommender tropischer Ruderfußkrebs, der sich unter anderem von Stechmückenlarven ernährt. Weitere einfache und wirksame Maßnahmen sind die Gaben von Chlor oder Sand in selbst allerkleinste Pfützen wie beispielsweise auch in die Untersetzer von Topfpflanzen. Daneben werden weitere Mittel erprobt, so z.B. ein sogenannter Mückensauger, eine auf einem Lockstoff-Cocktail basierende Insektenfalle.
Diagnose
Die klinische Diagnosestellung ist wegen der Vielzahl der möglichen Erreger für Infektionskrankheiten schwierig. Antikörper sind erst nach dem vierten Krankheitstag nachweisbar. Ein direkter Nachweis für das Dengue-Virus zwischen dem vierten und siebten Krankheitstag sichert die Diagnose.
Krankheitsverlauf
In etwa 90 % der Erkrankungen wird ein stummer Verlauf wie oft bei einem grippalen Infekt beobachtet.
Bei den restlichen 10 % der Fälle beginnt die Krankheit nach einer Inkubationszeit von etwa zwei bis zehn Tagen mit einem Verlauf über drei Stadien:
Plötzlich einsetzender Krankheitsbeginn mit Fieber bis 41 °C, Schüttelfrost, Erschöpfungszuständen, Kopf-, Glieder-, Gelenk– und Muskelschmerzen („breakbone fever“), auffällig niedrigem Puls und metallisch bitterem Mundgeschmack. Gelegentlich tritt auch Hautausschlag, Übelkeit und Erbrechen auf.
Nach dem Fieberabfall und einer weiteren Zeitspanne von vier bis fünf Tagen kommt es zu einem erneuten Fieberschub. Danach entwickelt sich ein masernähnlicher Hautausschlag mit Lymphknotenschwellungen.
Nach weiteren fünf bis sechs Tagen beginnt die Erholungsphase, die sich über mehrere Wochen hinziehen kann.
Hämorrhagisches Denguefieber (DHF)
Das hämorrhagische Denguefieber ist ein akutes Schocksyndrom mit Hämorrhagien. Als wahrscheinlichste Ursache wird eine erneute Infektion mit einem anderen Serotypen des Dengue-Virus angesehen.
Ausschließlich bei Menschen mit bereits existierenden Antikörpern gegen einen anderen Serotyp des Dengue-Virus kann es zu einer immunologischen Überreaktion kommen, in deren Verlauf die Durchlässigkeit der Blutgefäßwände größer wird und deshalb unkontrollierte Blutungen auftreten. Die Antikörper können durch eine vorangegangene Erkrankung erworben oder von Müttern auf ihre Kinder übertragen werden. Dies erklärt, warum vor allem Kinder von dieser Variante des Dengue-Fiebers betroffen sind.
Die hämorrhagische Form beginnt wie das normale Dengue-Fieber, verschlechtert sich aber nach zwei bis fünf Tagen dramatisch. Der Blutkreislauf bricht zusammen und es kommt zur Rötung des Gesichtes, zu (inneren) Blutungen, Flüssigkeitsverlust, hirnbedingten (zerebralen) Krampfanfällen, Koma, Zahnfleischbluten, Bluterbrechen,T eerstuhl, einem Anschwellen der Leber und den allgemeinen Zeichen eines Schocks (Tachykardie, Hypotonie, kaltschweißige Haut, Blässe).
Der Krankheitsverlauf ist abhängig vom Schweregrad, dem Therapiebeginn sowie den medizinischen Möglichkeiten einer angemessenen (adäquaten) Schockbehandlung. In ärmeren Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung kann die Todeshäufigkeit des hämorrhagischen Denguefiebers bis zu 30% betragen.
Therapie
Zur Zeit gibt es keine primär wirksamen, antiviralen Medikamente gegen diese Infektionskrankheit, deshalb können lediglich die auftretenden Beschwerden durch eine Behandlung gemildert werden.
Wegen des Blutungsrisikos beim hämorrhagischen Denguefieber wird bei jeder Erkrankung, wo dies nicht auszuschließen ist, von Acetylsalicylsäure-Präparaten (Aspirin und Verwandte) mit ihrer auch gerinnungshemmenden Wirkung abgeraten. Zur Symptomlinderung erscheint Paracetamol als geeigneter, da dieser Wirkstoff eine solche Wirkung nicht besitzt.
Zur Zeit wird gerade versucht ein Medikament gegen Denguefieber zu entwickeln.
Vorbeugung
Der beste Schutz ist besonders tagsüber die Vermeidung von Stichen durch Schutzkleidung, Sprays und Moskitonetze, denn die Mücken sind tagaktiv.
Gegenwärtig gibt es keine Impfung gegen das Dengue-Fieber. Allerdings wird inThailand an einem Lebendimpfstoff gearbeitet. Die ersten Ergebnisse erscheinen vielversprechend. Man hofft, zwischen 2005 und 2010 durch Massenimpfungen die epidemischen Ausmaße des Dengue-Fiebers einzudämmen. Bis dahin ist ein Schutz gegen das Dengue-Fieber nur durch einen generellen Schutz vor Mücken möglich. Dabei ist neben der Vernichtung der Mücken oder ihrer Brutstätten auch die Nutzung insektizidgetränkter Moskitonetze eine sinnvolle Massnahme.