
Donnerstag, 24.Januar 2008: 1.Tag auf See. 7h30 Tagwache. Leichter Südwind, bewölkt. Um 9h noch schnell einen Stop an der Recepción um die Schlüssel für die Toiletten abzugeben, an der Tankstelle eine neue Flasche Camping-Gas holen und dann geht’s los Richtung Süden. Aber auf das Feuerwerk zu unserer Verabschiedung warten wir vergeblich! Die netten Franzosen rechts von uns helfen und filmen uns sogar beim Ablegen. Die Frau, Meriem, hat ein Buch (auf französisch) geschrieben, über ihr Leben als Frau in Algerien und im Irak Sadam Husseins, mit Muslimischen Männern. Ich habe ihr gestern eins davon abgekauft und sie hat sich enorm darüber gefreut. Die Schweizer links von uns, die von der „Iron“, na ja!
Kaum sind wir draussen auf offenem Meer, müssen wir auch schon einem dicken Pott aus Zypern ausweichen. Er kommt ganz langsam auf uns zu, weil er hier ankern will. P22, das Patrouillenschiff des Militärs, das wir schon kennen, begleitet uns ein Stück, überholt uns dann und wir folgen nun in seinem Kielwasser. Wir motoren, es hat ziemlich grosse Wellen und den Südwind haben wir natürlich auch direkt auf die Nase. Zum Glück nicht allzu stark. Die Wetterverhältnisse sind eigentlich nicht so ideal, aber wir müssen los, sonst sind unsere Gäste noch vor uns auf den Cap Verden. Nach 2 Stunden „sieht“ Paul schon das Festland von Afrika! Ah nein, es ist ja nur Fuerteventura... Gegen 13h kommt die Sonne raus und endlich um 17h ist auch der Kapitän zufrieden und happy. Wir können nämlich ab jetzt mit Vorsegel und Grosssegel segeln. Bei Maspalomas, Playa d'Inglés oder St. Agustín findet um 20h ein schönes Feuerwerk statt. So genau können wir es nicht orten, wir sind zu weit weg. So kommen wir also doch noch in den Genuss unseres Feuerwerkes zur Verabschiedung von Europa. Ich bin ziemlich traurig...

Freitag, 25.Januar 2008: 2.Tag auf See. In der Nacht keine besonderen Vorkommnisse, ausser einigen riesigen Schiffen, die wir von weitem vorbeiziehen sehen. Wir kommen mit 12–16 Knoten (4 Bft), angenehmen Wellen und hellem Mondenschein zügig voran.
Pünktlich zum Frühstücks-Müesli beehren uns 6-8 Delfine. Pfeilschnell begleiten sie uns eine Zeitlang. Plötzlich vollführen 2 ganz Sportliche einen 3-4m hohen Luftsprung mit Doppelschraube und einer davon landet mit einem gewaltigen Bauchklatscher wieder in seinem Element. Wollen die uns imponieren, oder wollen sie sich gegenseitig messen? Na ja, ist ja auch mal eine Abwechslung für sie, wenn endlich mal ein Schiff vorbei kommt in dem vielen Wasser. Ausserdem sehen wir heute noch eine ganz spezielle segelnde Qualle, eine Portugiesische Galeere.
Die hübsche, blauviolett schimmernde bis 30 cm messende sackförmige Gasblase ist mit Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff (N2) gefüllt und sorgt für den Auftrieb. Sie wird als Segel genutzt.
Die zahlreichen blauen, weißen oder rotvioletten Tentakel sind etwa 15 m lang, können aber in seltenen Fällen bis zu 50 m Länge erreichen.
Um 17h30 wieder Delfine, eine ziemlich grosse Gruppe einer kleineren Art. Diese bieten uns aber keine akrobatische Show dar. SO-Wind, haben zuviel Kurs Richtung Afrika, müssen mehr westlich halten.
Etmal: 118 sm

Samstag, 26. Januar 2008: 3.Tag auf See. Letzte Nacht schöner Sternenhimmel und ab 22h heller Mondschein. Kein einziges Schiff gesichtet. Nix Besonderes, ausser zwischendurch heftige Windböen. O-Wind, ziemlich schaukelig, sind jetzt auf dem richtigen Kurs. Paul übernimmt in der Nacht die Hälfte meiner Wache, weil er hellwach ist, wie er sagt. Am Morgen ist es schön sonnig und warm. Eine Möwe und später eine Schwalbe umkreisen uns ein paar Mal und verschwinden dann wieder in der Ferne. Am Nachmittag ist die Sonne total bedeckt, der Wind bringt rotbraunen Sahara-Staub mit und das Schiff wird immer röter. Paul kann Afrika richtig „riechen“. Kein Sonnenuntergang sichtbar, die Luft ist viel zu „staubig“ und die Sicht sehr schlecht.
Etmal: 122 sm

Sonntag, 27. Januar 2008: 4.Tag auf See. Kein einziges Schiff gesehen gestern den ganzen Tag und in der Nacht. Kommen ganz gut voran. Manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Wind. Aber es ist eine elend schaukelige und unruhige Nachtfahrt!
Auch heute morgen ist es wieder richtig trüb, wie Hochnebel zu Hause und dazu ist es kalt. Dabei fahren wir doch schon seit 72 Stunden Richtung Süden.
Hie und da kommt ein Vogel vorbei geflogen und umrundet uns. Um 15h kommt endlich wieder die Sonne hervor. Mit 14 Knoten O-Wind laufen wir 5,5 Knoten Geschwindigkeit. Wieder kein spektakulärer Sonnenuntergang. Um 18h30 dreht plötzlich der Wind von O auf N und hört dann ganz auf zu blasen. Wir müssen motoren. Mit sehr unstabilem N-Wind können wir ab 21h10 wieder segeln.
Etmal: 131 sm

Montag, 28. Januar 2008: 5.Tag auf See. 00h30 birgt Paul das Grossegel und um 03h45 machen wir eine Halse, um wieder auf den richtigen Kurs zu kommen. Kein einziges Schiff weit und breit. Ich habe das Buch: „Je suis toujours partie“ von unserer Stegnachbarin Meriem in Las Palmas, in drei Nächten gelesen. Was für eine Lebensgeschichte!
Um 9h ein Schiff, aber nur ganz weit weg, ein weisses Pünktli. Obwohl wir etwa 240 sm von der afrikanischen Küste weg sind, ist die Luft voll feinstem Sandstaub. Die Sicht ist schlecht und die Sonne versteckt hinter Staubschleiern.
Um 17h45 endlich wieder mal ein wenig „Action“. Wir treffen auf eine Gruppe von Delfinen, bestimmt 100 Stück! Wir haben das Gefühl, sie sind am jagen und fressen, und nicht zu unserem persönlichen Vergnügen hier. Zwar flitzt einer in die Luft, zeigt uns seinen hellrosa Bauch und nach einem sensationellen Rückwärtssalto platscht er wieder ins Wasser. Wir sind umzingelt von grauen Delfinen, überall hüpft und springt es aus dem Meer. Unbeschreiblich! Wir können ihre rosaroten Schnauzen sehen und staunen über die Ausdauer mit der sie uns begleiten, über 1½ Stunden.
Kein Sonnenuntergang zu sehen. Um 22h45 Flaute, wir müssen kurz motoren.
Etmal: 120 sm

Dienstag, 29.Januar 2008: 6.Tag auf See. Ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen! Paul hat meine Nachtwache von 03h-06h auch gleich noch übernommen. Als ich um 03h aufgestanden bin, meint er, er sei überhaupt nicht müde und die Lage sei unstabil, Wind aus O statt N und wir fahren in die „falsche“ Richtung, nach S statt nach nach W. Gut, ich nehme das Angebot gerne an und als ich wieder aufwache ist es 07h30!!!!! Jetzt spediere ich aber meinen Skipper schleunigst mit seinen eiskalten Füssen ins angewärmte Bett. Kein richtiger Sonnenaufgang, um 8h20 hängt die Sonne als milchigweisse Scheibe am Himmel.
Wow, jetzt wird uns aber wieder etwas geboten! Eine Herde schwarz-weisse Wale, genauer Orcas, schwimmt und taucht hinter uns her, imposant! Sind es 10? 12? 15? Stück? Schwierig zu sagen.
Der Orca oder Grosser Schwertwal ist eine auch unter Namen wie "Killerwal" und "Mörderwal" bekannte Art der Wale. Er gehört innerhalb der Familie der Delfine zur Unterfamilie der Schwertwale.
Männliche Orcas können bis zu 10 m lang und bis zu neun Tonnen schwer werden; weibliche Orcas sind mit 8,5 m und fünfeinhalb Tonnen deutlich kleiner. Mit diesen Ausmaßen ist der Orca die größte Art der Delfine. Der Name "Schwertwal" kommt von der mächtigen Rückenflosse, die beim Männchen bis 1,8 m lang wird. Der Oberkopf, Brustflossen , Rücken-und Schwanzflosse sind schwarz, die Kehle und Bauch weiß.
Der Orca kann bis zu 15 Minuten lang tauchen und schwimmt bis zu 45 km/h schnell. Seine Nahrung besteht vornehmlich aus Kalmaren, Vögeln, Robben und Fischen sowie anderen Delfinen und Walen, wie z.B. Blauwalen, die er durch spezielle Jagdtechniken tötet.
Der Orca zählt zu den intelligentesten Meeresräubern. Er jagt meist im Verband und hat sich, je nach Nahrungsangebot, auf verschiedene Jagd-Techniken spezialisiert:
· Die Orcas in Südamerika werfen sich auf der Jagd nach Robben sogar auf den Strand.
· In Island jagen die Schulen Heringe, die sie mit Hilfe ihrer Schwanzflosse bewusstlos schlagen, um sie dann in aller Ruhe zu fressen.
· In Kanada jagen die Wale vornehmlich Lachse, denen sie an den Flussmündungen auflauern.
· Es wurde nachgewiesen, dass Orcas mit ihren Herden sogar Blauwale angreifen. Dabei haben sie eine besondere Taktik entwickelt. Einige Tiere beißen den Beutewal in die Schwanzflosse, um ihn am Wegschwimmen zu hindern, andere Tiere beißen ihn in den Kopf und in Augennähe. Damit verhindern sie, dass der Wal abtaucht. Wenn dies geschehen ist, beginnt das große Fressen.
Nur alle fünf bis sechs Jahre kalbt der weibliche Orca nach einer Tragzeit von etwa siebzehn Monaten. Die Orcas leben in Schulen, die von einem Männchen angeführt werden. Neben diesem Männchen befinden sich in der Gruppe nur Weibchen und Jungtiere. Das Alpha-Männchen ist oft mit einem dominanten Weibchen zusammen und führt gemeinsam mit ihm die Gruppe. Die weiblichen Jungen bleiben ein Leben lang bei ihrer Familie, die jungen Männchen ziehen spätestens mit Beginn der Geschlechtsreife ab, um sich anderen Gruppen anzuschließen. Oft formen sie Junggesellenverbände, bis sie das Alter erreicht haben, um selbst eine Schule anzuführen.
Ein Orca kann ein Alter von fünfzig Jahren erreichen.
Verächtliche Namen wie "Killerwal" oder "Mörderwal" zeigen, dass menschliche Beobachter lange Zeit keine hohe Meinung von diesem Wal hatten. Beobachtungen von Angriffen auf Delfine und Seehunde haben zu diesen Namen geführt. Es ist allerdings nicht ein einziger Fall eines Orca-Angriffs auf einen Menschen dokumentiert; hierdurch ist die Betrachtung des Orcas in jüngerer Zeit ins genaue Gegenteil gekippt: Der US-amerikanische Film Free Willy mit dem darin vorkommenden Wal Keiko und die Entdeckung des Orcas durch die Plüschtier-Industrie haben ihm nun das Image eines liebevollen Menschenfreundes verliehen. Die Wahrheit liegt wohl zwischen den beiden Extremen.
Um 16h30 hisst Paul die Cap Verdische Flagge. Die Spanische die er herunterholt sieht ziemlich lädiert aus. Immerhin waren wir fast 8 Monate in Spanien.
Haben sehr wenig Wind , nur 7-8 Knoten (2 Bft). Kein Sonnenuntergang und Mond erst ab 01h, sehr schlechte Sicht.
Etmal: 118 sm


Mittwoch, 30.Januar 2008: 7.Tag auf See. In der Nacht ist es ziemlich langweilig. Dümpeln und dösen so vor uns hin. Viel zu wenig Wind und die Segel schlagen und wir motoren zwischendurch 2 Stunden. Am Morgen können wir einigermassen „Schmetterling“ segeln, d.h. ein Segel ist auf der linken Seite, ein Segel auf der rechten Seite. Der Nachmittag ist wieder eine richtig langweilige Dümpelfahrt. Kein andereres Schiff und keine Wal- oder Delfinbegleitung. Aber schön sonnig und warm ist es. Um 17h40 überhaupt kein Wind mehr, wir motoren 2 Stunden. Wir verbringen die Zeit mit schlafen, dösen, essen, lesen, schreiben und stricken (nur ich).
Gegen Abend versucht Paul das Deck der MABUHAY vom Saharasand zu befreien. Er spühlt ihn mit Eimern voll Salwasser weg. Aber das Ergebnis ist nicht sehr befriedigend. Die MABUHAY sieht immer noch aus, als wären wir mit ihr durch die Wüste gebrettert. Dies haben wir dem Harmattan zu verdanken.
Der Harmattan ist ein Landwind Afrikas, der als Nordostpassat zwischen 0° und etwa 20° nördlicher Breite weht. Er tritt hauptsächlich in der Trockenzeit und im Winter (Dezember bis etwa März) auf. Wenn er sich über der Sahara bemerkbar macht, wird viel Sand auf den Atlantik hinausgetragen.
Etmal: 72 sm

Donnerstag, 31.Januar 2008: 8.Tag auf See. Mit halbem Wind und halbem Mond steuern wir auf unser Ziel, die Cap Verden zu. Paul sieht während seiner Wache fluoreszierende Delfinspuren. Um 01h ein enormes Fischerschiff, ganz nahe, eine schwimmende Fischfabrik! Es wird deutlich wärmer. Mein Nachtwach-Outfit von einem BH, einem ärmelloses Shirt, einem T-Shirt, einem leichter Fleecepulli, einem leichten Wolljäckli, einer Faserpelzjacke, kann jetzt langsam um eine Schicht reduziert werden!!! Ich weiss nicht wie kalt es nachts draussen ist, aber im Salon haben wir angenehme 22,8°. Heute ist eine wunderbare Nacht und es ist richtig schön draussen im Cockpit zu sitzen und seinen Gedanken nachzuhängen. Was einem da so alles durch den Kopf geht! Um 11h sichten wir in der trüben staubigen Luft die Nordspitze der Insel Sal. Als wir um die Ecke biegen, fetzt der Wind aber richtig los, von Null auf 25 Knoten (6 Beaufort)! Um 13h20, nach genau 7 Tagen, 2 Stunden, 12 Minuten und 17 Sekunden (ha! ich habe da so eine tolle neue Uhr bekommen, mit allen Schikanen dran!), lassen wir den Anker vor der Ortschaft Palmeira fallen, bei 25 Knoten Wind!
Unser erster Sichtkontakt mit einem Cap Verdianer hat etwa 4 sm vorher stattgefunden. Der Fischer zieht gerade einen ungefähr 80 cm langen Fisch in sein kleines Holzboot, das bedenklich in den Wellen schaukelt. Jetzt haut er mit einem Knebel dem Fisch kräftig eins hinter die Ohren und winkt uns dann freundlich zu.
Der 2. Kontakt findet am Ankerplatz statt. Ein Fischer kommt mit seinem Boot zu uns heran und fragt uns, ob wir frischen Fisch von ihm kaufen möchten. Ja, wir wollen, aber erst morgen!
Wir haben 800 sm (1400 km) zurückgelegt, Segel: 730 sm, Motor: 70 sm.
Position: 16°45,1N / 022°28,7W
Den Nachmittag verbringen wir mit waschen, aufräumen, putzen, lüften. Wir wollen oder können nicht an Land. Es hat sehr viel Wind und Wellen und mit dem Dinghy wären wir sofort klatschnass. Eigentlich sollten wir mit dem Trans-Ocean Stützpunktleiter Carlos Kontakt aufnehmen. Er will uns beim Einklarieren helfen. Aber wir haben Pech, auf unserem spanischen Handy ist kein Geld mehr drauf und das Schweizer Handy funktioniert hier nicht, also können wir uns nicht bei ihm melden.

Freitag, 1.Februar 2008: Wir haben beide herrlich geschlafen. Jetzt hat es Nebel (Staub in der Luft aus Afrika), es ist trübe und kühl. Bei uns will gar kein so richtiges „Afrika-Feeling“ aufkommen. Als Paul heute morgen aufsteht und seine erste Runde übers Schiff macht, macht er eine unerfreuliche Beobachtung. Neben uns liegt ein Ausflugsboot vor Anker. Zwei Einheimische putzen das Schiff. Dabei kommt ihnen eine Plastikflasche in die Quere, die, zack! über Bord ins Meer entsorgt wird. Wir sind entsetzt, achten wir doch penibel darauf, nichts, was nicht organisch ist und nicht verrottet, ins Meer zu werfen.
Paul pumpt das Dinghy auf. Der Wind und die Wellen sind nicht mehr so stark und wir kommen fast trocken zur Betonpier. Die Einheimischen die herumstehen würdigen uns keines Blickes. Zufällig treffen wir hier auf ein Schweizerpaar, das in der Nacht hier auf Sal gelandet ist, und deren Gepäck nicht angekommen ist. Jetzt kommt ein älterer Deutscher dazu und sagt: „Ah, da sind ja die erwarteten Schweizer, herzlich willkommen!“ Er meint uns, Paul und mich. Es ist der Trans-Ocean-Stützpunktleiter Carlos, der Carlos, den wir nun suchen wollten. Er bringt uns zu seinem Haus, wo wir auch seine Partnerin Elisabeth kennenlernen. Die beiden wohnen seit fast 9 Jahren hier und erzählen uns sehr viel Interessantes, unterem anderem auch, dass es hier seit 7 (!!!) Jahren nicht mehr geregnet hat. Unvorstellbar für uns! Ausserdem verarzten die beiden kleinere Verletzungen der Dorfbevölkerung in ihrer Küche. Im Moment wird gerade ein kleines Mädchen auf den Küchentisch gesetzt und ihr Furunkel in der Achselhöhle wird mit Salbe und einem Pflaster behandelt.
Jetzt gehen Carlos und Paul zur Polizei um uns anzumelden (kostet einen Euro!!!), ich bleibe bei Elisabeth. Nach mehr als einer Stunde kommen die beiden Männer wieder. Sie haben beim Baumarkt gleich noch Geld gewechselt, Euros in Capverdische Escudos (CVE). Ausserdem weiss Paul jetzt, wo der „Supermarkt“, die Bäckerei und die Kneipen sind. Nun können wir zu viert die Ankunft unserer Gäste Edith und Heinz aus Lengnau organisieren. Ihre planmässige Ankunft wäre in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag um 01h00. Elisabeth und Carlos wissen aus Erfahrung, dass Flüge von Lissabon sehr oft verspätet landen. Paul und ich müssten also im Dunkeln mit dem Dinghy an Land, mit einem Taxi zum Flugplatz fahren, evt, lange warten, den Besuch in Empfang nehmen, mit dem Taxi zurück nach Palmeira, im Dunkeln schweres Gepäck ins Dinghy laden und zwischen den geankerten Schiffen zur MABUHAY zurückfinden. Elisabeth und Carlos kennen in Espargo die Pension CASA VARELA und sie empfehlen uns, Edith und Heinz dort für die erste Nacht einzuquartieren. Das ist eine gute Idee, nur wissen die beiden noch nichts davon, ich muss ihnen dringendst ein e-mail senden. Carlos zeigt uns wo das Internetlokal ist und ich setze schnell die Medung ab. Danach sehen und hören wir noch den Rest des Carnavalumzugs des Kindergartens und der Schule. Die Kinder tanzen zu den Klängen der Trommeln und sind mit Leib und Seele dabei. Man merkt richtig, dass ihnen das im Blute liegt.
Zurück bei Carlos im Haus, nehmen wir das zweite Problem in Angriff. Sonja und Werner von der „Fee“, die wir in Lanzarote kennengelernt haben, waren auch hier. Sie haben in Lissabon Ersatzteile für ihr Schiff bestellt und die sind bisher noch nicht angekommen. Zur Zeit ist die „Fee“ unterwegs nach Brasilien und Werner hat uns gebeten, diese Ersatzteile mit nach Brasilien zu bringen. Na, klar, machen wir doch gerne! Carlos hat nun vor zwei Tagen einen Anruf vom Flugplatz, vom Frachtbüro, erhalten, das Paket von UPS sei da, er könne es abholen. Nach dem Mittagessen, zu dem wir von Elisabeth eingeladen werden, fahren Carlos, Paul und ich mit dem Sammeltaxi zum Flugplatz. Zwei Frauen, Paul und ich sitzen im Auto, Carlos hinten auf der offenenLadefläche. Am Flugplatz, im Frachtbüro, staunen wir erstmal über den grossen Stein, der die Bürotüre offen hält. Im Büro hat es drei Schreibtische und hinter jedem einen Mann. Carlos zeigt das Frachtpapier das er hat und jetzt wird etwa 30 Minuten lang nach dem entsprechenden Beleg für das Paket gesucht. Unterdessen kommen zwei junge Putzfrauen in knallgelben Arbeitskitteln herein und reinigen in aller Gemütsruhe das ganze Büro. Alle Papierkörbe werden geleert, das Geschirr von den Kaffeepausen rausgetragen, der Boden wird gewischt, jeder Schreibtisch gründlichst feucht abgestaubt und sogar die Fenster geputzt.
Während der ganzen Zeit läuft im Fernseher eine Serie und in einer Ecke dudelt gleichzeitig ein Radio einheimische Musik. Aber das richtige Papier für Werners Paket wird nicht gefunden! Wir drei haben es uns auf den Polstermöbeln im Büro gemütlich gemacht. Jetzt ist aber endlich Schluss mit der Sucherei und es wird etwa 15 Minuten lang telefoniert. Zuerst spricht der Chef höchstpersönlich in den Hörer und dann muss Carlos auch noch ran. Es stellt sich heraus, dass das Paket in Praia, der Hauptstadt der Cap Verden, auf der Insel Santiago, liegt. Eigentlich sollte es per Inlandflug hergeflogen werden, aber wegen dem vielen Staub in der Luft, können die kleinen Flugzeuge nicht fliegen! Uns bleibt nichts anderes übrig, als mit leeren Händen mit dem Taxi, das auf uns gewartet hat, nach Espargos zu fahren. Dort machen wir einen kurzen Halt in der CASA VARELA, um dort für Edith und Heinz ein Zimmer zu reservieren. Wir lernen Toni und seine Frau kennen, die Besitzer der Pension. Sie sprechen beide Deutsch, haben sie doch viele Jahre lang in Hamburg gelebt und gearbeitet. Mit dem Taxi geht’s zurück nach Palmeira. Mit Carlos trinken wir bei Carlita, seiner Nachbarin, ein Bier. Carlita hat ein winziges Lädchen, etwa 2 x 4 m gross. Wenn drei Kunden im Laden sind, wird es eng. Im Hinterhof kann man bei ihr auch essen, aber nur auf vorherige Bestellung. Carlita ist 44 Jahre alt und hat schon 4 Enkel. Der 2.-jüngste Enkel Dany, lebt bei ihr, ist 1½ Jahre alt und ein richtig knuddeliger kleiner Kerl.



Samstag, 2.Februar 2008: Es ist schön sonnig heute und der Staub in der Luft hält sich in Grenzen. Den ganzen Morgen putzen und räumen wir im Schiff herum. Wir stellen Sachen bereit, die Carlos an die ärmsten Leute hier im Dorf verteilt. Kleider, Schuhe, Verbandsmaterial, Medikamente, Schreibsachen und den Ball, den Sandkessel und die Schaufel, die wir für den Aufenthalt Jessicas bei uns, geschenkt bekommen hatten.
Auch Plastiktüten machen wir bereit, die sind hier Mangelware. Einen Teil bekommt Carlos, die andere Hälfte Carlita für ihren Laden. Am Nachmittag schippern wir mit dem Dinghy an Land. Ich bin schon wieder klitschnass bis wir da sind. Bei Elisabeth und Carlos trinken wir Kaffee, geben alle Sachen ab und nehmen dann alle ein Bier bei Carlita. Wir schauen interessiert zu, wie Carlita eine neue Frisur verpasst bekommt. Einmal pro Woche werden alle Zöpfli aufgelöst und die Haare gewaschen. Mit flinken Händen werden dann -zig neue Zöpfe geflochten. Das geht so unheimlich schnell, dass man nicht sehen kann, wie das wirklich geht. Um 17h30 macht das Internetlokal auf und ich übermittle den letzten Bericht und Fotos an Marcus. Um 18h45 müssen wir schleunigst zurück zur MABUHAY bevor es ganz dunkel ist.



