Dienstag, 1.Mai 2007: in Sardinien, Olbia
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in Olbia

Dienstag, 1.Mai 2007: Es ist Feiertag, aber eigentlich merken wir nicht viel davon. Hier an Bord geht es wieder los mit umordnen, verschieben, umräumen. Hier sieht es wieder aus, wie nach einem mittleren Hurrikan. Unsere MABUHAY ist steuerbords zu schwer und liegt schief im Wasser. Deshalb hat der Skipper beschlossen, dass die schweren Batterien nach backbord zu verlegen sind, und die leichteren Sachen wie Rettungsmaterial kommen nach steuerbord. Ich beteilige mich nicht an der Aktion sondern schreibe meinen Bericht.

Mittwoch, 2.Mai 2007: Es ist Vollmond und wir haben beide sehr schlecht geschlafen.

Aber trotzdem, wir feiern heute Ostern, Geburtstag und Weihnachten, alles zusammen!

Dies ist ein historischer Tag! Die MABUHAY hat jetzt eine elektrische Waschmaschine an Bord. Ja, eine richtige Waschmaschine! Und das Beste daran: sie funktioniert sogar!

Heute morgen haben wir diese Waschmaschine bei „Manconi“ an der Via Roma gekauft. Aber das war gar nicht so einfach, wie es tönt. Die Türen an Bord der MABUHAY sind 38 cm breit. Eine normale Waschmaschine ist 60 cm breit und auch 60 cm tief. Die Kleineren Maschinen sind 40 cm breit, aber die passen auch nicht durch unsere Türen. Bei „Manconi“ hatten wir nun Glück und haben eine Maschine gefunden, die nur 34 cm tief ist, allerdings sind da die Schaltknöpfe nicht mitgemessen. Wir wagen es und kaufen das Objekt. Dazu bekommen wir noch eine grosse Packung (6.650 kg) Waschpulver geschenkt. Die Angestellten hier sind überhaupt alle sehr nett.

Ich kann es aber immer noch nicht glauben, bis die Maschine um 15h50 tatsächlich zum Schiff gebracht wird. Zwei nette Männer, Fiorentino und Gianfranco hieven das Monster an Bord und bringen sie tiptop genau dahin, wo wir sie haben wollen. Aber das ist nicht so einfach, das Ding ist schwer und es handelt sich um Millimeter, wo sie durchpassen muss. Paul hat vorher zwei Türen, diverse Griffe und alles was hinderlich sein könnte abgeschraubt.

Die Maschine heisst Electrolux REX 34, sie fasst 3.5-4 kg Wäsche und dieses Modell wird scheinbar nur für Italien hergestellt (von Zanussi). Sie hört nur auf italienische Befehle! Gut, dass ich früher mal fleissig Italienisch gelernt habe.

Als die beiden Herren weg sind, merken wir, dass das Benutzerhandbuch fehlt. Aber wir wollen die Maschine trotzdem sofort ausprobieren. Aber sie will nicht! Nur ein winziges grünes Lämpli das blinkt, zeigt ein Lebenszeichen an. Wir marschieren wieder an die Via Roma zu „Manconi“ und fragen nach. Das Benutzerhandbuch ist verschwunden! Aber die Leute sind nett und drucken uns die Bedienungsanleitung vom Internet aus, natürlich in Italiano. Wir sagen auch, dass die Maschine nicht laufen will. Um 18h30 sind Fiorentino und Gianfranco wieder bei uns um zu schauen, was hier falsch ist. Aber sie sind beide ratlos und wissen auch nicht weiter. Sie versprechen uns, einen tecnico vorbei zu schicken. Später versucht es Paul nochmals und haut der armen REX zünftig eins auf den Deckel! Und siehe da, sie läuft! Dieser tolle Erfolg muss natürlich gefeiert werden und wir trinken zusammen eine Flasche Wein, oder waren es vielleicht sogar mehr?

Juhuuu! Wir bekommen eine Waschmaschine!

Donnerstag, 3.Mai 2007: Gestern Abend und die ganze Nacht hat es geregnet. Aber heute ist das Wetter ein wenig abwechselnd und wir können waschen und die Wäsche draussen zum trocknen aufhängen. Bei uns ist eine richtige Wascheuphorie ausgebrochen und wir pröbeln mit verschiedenen Programmen. Eine tolle Erfindung so eine REX!

Heute gehen wir noch ein anderes Problem wieder neu an. Nämlich unser Urproblem mit dem Furuno-Wetterfax, der einfach seit 1 ½ Jahren keine Wetterprognose liefern will.

Wir rufen deshalb bei einer Elektronik-Firma hier in Olbia an. Der tecnico hat aber keine Zeit, wir müssen nächste Woche wieder anrufen.

Freitag, 4.Mai 2007: Abwechselnd bewölkt und sonnig, aber es weht ein kalter Wind, 22°. Wir waschen 3 Maschinen Wäsche. Ah, ist das toll! Mit dem starken Wind ist alles im Nu trocken und die Wäsche duftet so herrlich sauber und frisch! Liebe Hausfrauen- und Männer, bitte schätzt eure Waschmaschinen wieder ein wenig mehr! Ihr wisst gar nicht, wie das ist, wenn man keine hat! Ich weiss genau wovon ich spreche, nach 13 Monaten und 2 Tagen waschmaschinenlosem Zustand.

Bei einem Spaziergang besuchen wir die Kirche San Paolo hier in Olbia. Die hat eine schöne bunte Kuppel. Leider ist sie zu. Ich gehe anschliessend zum Punto-Internet. Der nette Chef hier hilft mir, herauszufinden, wo sich San Vittore befindet. Dort findet nämlich am Wochenende ein Fest zu Ehren des heiligen Viktors statt.

Kirche San Paolo in Olbia

Samstag, 5.Mai 2007: Wir wandern nach San Vittore, zirka 6 km ausserhalb der Stadt Olbia. Ausgerüstet mit dem Stadtplan von Olbia, finden wir das problemlos. Unterwegs kommt uns eine Riesenkolonne von Autos entgegen, die alle hupen, aha, eine Hochzeitsgesellschaft. Als wir bei dem Kirchlein San Vittore ankommen, ist da überhaupt nichts los, absolut niente! Die Helfer arbeiten zwar wie verrückt an den Vorbereitungen, aber sonst, nix. Das kleine, schlichte, aus Granitblöcken gebaute Kirchlein ist sehr hübsch und innen schön geschmückt. Kurz bevor wir eingetroffen sind, hat hier die Hochzeit stattgefunden.

Plötzlich fängt es an zu regnen, nein, zu schütten, als ob die Welt untergehen wollte. Wir sitzen im leeren Festzelt und warten bis das Gröbste vorbei ist. Dann fragen wir einen der Helfer, der soeben in sein Auto einsteigt, ob er uns bis Olbia mitnimmt? Sì certo! Während der Fahrt erzählt er uns, dass sie für heute Abend 3 Rinder kochen und für den Sonntagmittag 87 (!!!) Schafe. Die scheinen ja allerhand an Leuten zu erwarten.

San Vittore

Sonntag, 6.Mai 2007: Um 9h10 marschieren wir los nach San Vittore. Wir wissen ja den Weg, gestern haben wir es schliesslich auch gefunden! Aber, Abkürzung sei Dank, irren wir eine volle Stunde im Kreis herum und gelangen wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück!!! Wir versuchen es nochmals und schaffen es diesmal, auf dem gleichen Weg wie gestern, in Rekordzeit. Um 11h00 hat der Gottesdienst zu Ehren des Heiligen Viktors angefangen und wir kommen gerade zur feurigen, aber guten Predigt des Pfarrers an. Anschliessend gibt es eine kleine Prozession. Zuerst kommt die Stadtmusik von Olbia, dann viele Fahnenträger mit den Fahnen der einzelnen Familien, 6 Ehrendamen mit roten und weissen Rosen in den Händen, sowie 1 Herr mit den sardischen Trachten, die sehen alle sehr stolz aus, dann der Pfarrer und 4 Männer die die Statue des Heiligen Viktor tragen, und am Schluss das Volk. Der Zug umrundet 3 Mal das Festgelände und die Kirche und endet bei der Kirche, wo die Heiligenstatue wieder ihren Platz in der Kirche einnimmt.

Im Festzelt werden unterdessen die Bänke und Tische neu angeordnet und es herrscht ein unheimliches Getümmel und Geschrei bis jeder seinen Sitzplatz hat. Danach werden an alle Biscuits verteilt, zum Glück, wir haben nämlich langsam Hunger. Jeder bekommt einen Porzellanteller und richtiges Besteck, dazu einen Plastikbecher und Papierservietten. Brötchen gibt es soviel jeder will. Inzwischen musste 2 Mal die Ambulanz anrücken, weil 2 Leute umgekippt sind. Endlich, um 14h30, wir sind auch bald dem Umkippen nahe, gibt es Suppe. Die ist nicht schlecht, aber man merkt ihr die 87 Schafe deutlich an, sie „böckelet“ nämlich ziemlich. Später gibt es das gekochte Schaffleisch, so als eine Art Siedfleisch, was ganz gut schmeckt. Alle Anwesenden, etwa tausend Leute werden so verköstigt, auch die Afrikaner, die hier Sonnenbrillen, Hüte und CD's verkaufen, bekommen ihren Anteil. Sogar Wein (Roten, in Mineralwasserflaschen abgefüllt) und Mineralwasser gibt es dazu, und das alles absolut kostenlos, ohne Bettelei oder versteckte Kosten. Wie machen die das bloss?

Die Einheimischen haben für sich eigene Tischtücher aus Stoff, sowie Salami, Oliven und sonstige Vorspeisen und zum Dessert Früchte und Kuchen mitgebracht. Wir sind hier die einzigen Touristen weit und breit, ausser uns hat sich keiner hergetraut.

Während die Tische und Bänke weggeräumt werden, spielt die Stadtmusik Olbia noch ein Ständchen. Einer, der 2. von rechts aussen, spielt mit der rechten Hand Trompete (oder ist es ein Cornet?) und mit der linken Hand hält er die Noten.

Jetzt endlich kommt der Programmpunkt auf den ich schon den ganzen Tag warte. Eine Gruppe mit 7 Paaren tanzt sardische Volkstänze, sogenannte Rundtänze. Begleitet werden die Tänzer von einem Gitarrenspieler, der auch Mundharmonika spielt und zwischendurch noch singt. Eine ganze Stunde lang tanzen sie und ich kann mich an den Tänzen und Formationen nicht satt sehen. Besonders ein Tänzer hat es mir angetan; er ist gross und schlank und hat blaue Augen! Er sieht aus wie aus einem Seeräuberfilm!

Paul stinkt es gewaltig und das sieht man ihm auch deutlich an, dabei hätte ich allen Grund sauer zu sein!!! Das Fest geht mit Tanzmusik weiter, aber wir machen uns zu Fuss wieder auf den Rückweg nach Olbia, wo wir gegen 20h ziemlich müde eintreffen.

 

zuerst kommt die Stadtmusik
danach die verschiedenen Fahnen
die Tanzgruppe
die Tanzgruppe, der ganz aussen rechts ist mein Favorit...

Montag, 7.Mai 2007: Die Schiffsfrau streikt heute den ganzen Tag... Das Abendessen kocht der Skipper; Bratkartoffeln, aufgewärmtes Sauerkraut mit Speck und „Würstel“ und dazu isst er schwarze Oliven, brrr...

(Eigentlich weiss ich nicht mehr, warum ich so sauer auf den Skipper war ....)

Mittwoch, 9.Mai 2007: In der Nacht hat es viel Wind (26 Knoten). Paul steht mehrmals auf, um zu kontrollieren ob alles in Ordnung ist.

Um 9h kommt Gianluca Frau (doch, der heisst wirklich so), der tecnico wegen unserem Furuno-Wetterfax. Er meint, wir seien hier in einem Funkloch. Wir sind wirklich absolute Weltmeister im Wetterfax-Funkloch-Segeln!!! Und das seit 1 ½ Jahren! Gianluca sagt uns, wir müssen mit Furuno Deutschland telefonieren wegen der Garantie. Die müssen dann mit Furuno Italien (sind in der Nähe von Ravenna) telefonieren und die geben dann Gianluca Bescheid, ob er unseren Wetterfax in Garantie flicken darf. Paul ruft sofort bei Furuno Deutschland an, bei Herrn Plüschau und erklärt ihm zum tausendsten Mal unser Anliegen. Dieser meint, ja, er werde jetzt gleich in Italien anrufen, das alles in die Wege leiten und uns dann noch diesen Morgen zurückrufen. Am Abend ruft er uns an und sagt uns, dass bei Furuno in Italien heute alle an einer Schulung waren und dass er morgen nochmals dort anrufen würde. Uff, schon wieder ist ein Tag vorbei, ohne dass wir in Sachen Furuno Wetterfax-30 etwas erreicht haben.

Wir waschen wieder 2 Maschinen Wäsche. Es weht ein sehr starker Südwestwind (30 Knoten), die Wäsche ist nach 1 Stunde schon trocken, aber es fetzt mir auch die Wäscheklammern von der Reling ins Meer.

Wir holen wieder mal Gas, diesmal kostet es nur 18.-Euro.

Feuerwerk zu Ehren des Heiligen Simplicio

Donnerstag 10.Mai 2007:

Mit dem starken Südwestwind bauen sich hier in dem weiten Hafen kleine aber heftige Wellen auf. In der Nacht schlagen die Wellen ununterbrochen an die Bordwände und verursachen einen Saulärm! Es ist sehr schwierig dabei einzuschlafen. Um 05h steht Paul auf um ein Brett zu entfernen, das im Wasser treibt und ständig an unseren Rumpf schlägt. Nach dem Frühstück putzt Paul mit einem langen Besen vom Deck aus den Rumpf der MABUHAY. Viele Fische kommen neugierig um zu schauen, was da los ist.

Plüschau ruft nicht an! Paul ist wütend und ruft x-mal bei ihm an. Er nimmt nicht ab... beim x-ten Versuch gerät Paul an einen Herr Jürgen Schick und Paul lässt zünftig Dampf ab und erklärt dem Herrn, was wir von ihrem Kundenservice halten! Um 17h ruft ein Herr Elmer an und meint, wir müssen ihm ein E-mail schreiben, damit er den Garantie-Service bei Furuno in Italien beantragen kann. Das erledigen wir sofort vom Punto-Internet aus.

Aber es gibt auch Erfreuliches hier in Olbia. Um 22h15 wird bei uns im Hafen ein tolles Feuerwerk, zum Auftakt der Feierlichhkeiten zu Ehren des heiligen Simplicio, Schutzpatron von Olbia, an den Nachthimmel gezaubert. Das Wetter ist schön, aber es weht eine steife, kühle Brise. Wir haben von der MABUHAY aus sozusagen Logenplätze und können das 20-minütige Spettacolo geniessen. Der Wind weht genau auf uns zu und am Ende sind wir in eine dichte Rauchwolke eingehüllt. Aber schön war's trotzdem.

Ich habe mich bemüht herauszufinden, wofür der Heilige Simplicio zuständig ist, ich weiss es immer noch nicht. Vielleicht für Furuno-Wetterfaxe oder Funklöcher?

Feuerwerk zu Ehren des Heiligen San Simplicio

Freitag, 11.Mai 2007: Es ist 9h und wir sitzen beim Frühstück im Cockpit, als ein schönes, grosses. 3-mastiges Segelschiff bei uns vorbeigeschleppt und an der Mole festgemacht wird. Es heisst Palinuro und ist ein Schulschiff der italienischen Marine. Von 16h bis 19h darf man das Schiff besichtigen, das lassen wir uns natürlich nicht entgehen.

Palinuro wurde 1934 in Frankreich gebaut, sie ist 69 m lang und 10,1 m breit. Sie ist 35 m hoch und hat einen Tiefgang von 4,8 m. Ihr Gewicht beträgt 1341 Tonnen. Die Segelfläche umfasst 1000 m² (wir haben 89 m²). Während den Schulungstörns leben 95 Leute (auch Frauen) an Bord, ihr Heimathafen ist Livorno in der Toskana. Von hier aus segeln sie nach Porto Ferraio (Elba) und dann wieder zurück nach Livorno.

Schade. Die Mannschaftsunterkünfte kann man nicht anschauen, die würden mich am meisten interessieren. Aber dafür kommen wir gerade dazu, wie sich der Commandante stolz salutierend vom Schiff begibt und alle stehen stramm...

Ich glaub's ja nicht, ein Herr Simone von Furuno Italia ruft an und will wissen, was mit unserem Wetterfax-30 los ist. Ja, das würden wir auch gerne wissen! Nach sehr viel Palaver meint er, wir müssen halt dieWetterprognosen im Internet von www.wetteronline.de oder Ähnlichem herunterladen. Ja bravo, merci vielmals, und dafür haben wir das teure Wetter-Gerät gekauft (das sage ich ihm auch!). Mann, ich könnte mich tierisch aufregen! Zum Glück verbindet er mich mit einem anderen Herrn, dem Herrn Righini. Dieser schlägt uns vor, dass wir jetzt zuerst mal bis am Montag testen, und zwar auf der Frequenz 13882.5 und dann sollen wir ihn wieder anrufen. Mamma mia, ist so ein Schifferleben manchmal kompliziert...

Am Abend um 21h30 findet im Parco Fausto Noce ein Konzert mit sardischen Gesängen (alles wegen dem Fest San Simplicio), statt. Bevor es los geht verdrücken wir ein Panino (Brötchen) mit einer Bratwurst und vielen Zwiebeln drin. Endlich, mit fast 1 Stunde Verspätung tritt die erste sardische Sängerin auf. Ich verstehe kein Wort vom Text, ausser vielleicht „amore“, die sardische Sprache ist für mich unverständlich, aber trotzdem faszinieren mich die Lieder unheimlich! Das Konzert wird von drei verschiedenen Sängerinnen gegeben und wir hören die erste und noch ein paar Lieder der Zweiten, dann machen wir uns auf den Rückweg. Wow, haben die Frauen tolle Stimmen!

Es ist 24h als wir bei der MABUHAY eintreffen, die Palinuro ist wunderschön beleuchtet.

die Palinuro liegt bei uns im Hafen

Samstag, 12.Mai 2007: Absolut keine Wetterdaten erhalten, obwohl wir den Computer die ganze Nacht haben laufen lassen.

Wir machen im „Iperpan“ einem Supermarkt, direkt hier beim Hafen, einen grösseren Einkauf. Wir geniessen das tolle Angebot, es gibt so schöne Sachen wie Schinken, Salami, Schweinskoteletts usw. usw...nach 7 Monaten in Tunesien schätzt man solches wieder.

Am Abend um 18h00 gibt es im Parco Fausto Noce, immer noch wegen dem heiligen Simplicio, „Cozze“ (Moules, Muscheln) für alle zum essen. Es hat haufenweise Leute, aber wieder keine Touristen. Ich probiere eine rohe Muschel. Bääh..., für mich ist sie nur „gschlüdderig“ (schlabberig) und salzig! Jetzt wollen wir auch keine gekochten „Cozze“ mehr! Sonst müssen wir „cozzen“! Wir machen einen Bummel über den Rummelplatz, staunen, dass man als Preise Goldfische in einem Plastiksack mit wenig Wasser, gibt, und fragen uns wieviele dieser Goldfischli den Abend überleben werden? Dann wenden wir uns den Bratwürsten mit Pommes zu. Die Bratwurst ist so gut, dass Paul am liebsten einen ganzen Ring davon essen würde, aber er unterdrückt tapfer seine Gelüste. Auf dem Rückweg kommen wir an -zig Marktständen vorbei, was da alles für Ramsch verkauft wird! Wir kaufen eine CD mit sardischen Liedern drauf.

heute findet in Olbia der „Palio della Stella San Simplicio“ statt

Sonntag, 13.Mai 2007: Ein Wunder ist geschehen, wir haben Wetterkarten auf dem Laptop! Scheinbar funktioniert das Wettergerät nur über den Timer. Oder hat vielleicht San Simplicio geholfen?

Unsere sardische Lieder-CD läuft ununterbrochen, sie ist schon ganz dünn!

Um 17h30 kommt der Umzug mit Posaunenbläsern, Tambouren, Gruppen mit historischen Gewändern und Waffen und viele Reiter auf herrlichen Pferden, bei der Hafenpromenade an. Hier findet jetzt ein ganz besonderer Anlass statt. 13 ausgeloste Reiter und ihre Rösser, einer aus jeder Ortschaft der Provinz Gallura, wo Olbia dazugehört, kämpfen um den „Palio della Stella San Simplicio“. Dies ist ein Reiterwettkampf, wo der Reiter mit seinem Schwert einen Metall-Stern mit einem Loch in der Mitte, der auf 2.60m Höhe an einer Art Galgen aufgehängt ist, aufspiessen muss. Übrigens ist auch eine Reiterin dabei (Marianna). Es gibt 3 Durchgänge. Die Reiter kommen in einem unheimlichen Tempo herangaloppiert und versuchen den Stern aufzuspiesssen. Das Ganze geht so schnell, dass man kaum dazu kommt, zu sehen, ob der Stern erwischt wird oder nicht. Es ist auch enorm schwierig, bei dem Höllentempo den Stern anzupeilen. Bei den 39 Durchgängen werden „nur„ 7 Sterne wirklich gefasst, die meisten werden gestreift und fallen dann runter. Wenn der Reiter startet geben die 2 Posaunenbläser ein Fanfarensignal und die Tambouren begleiten den Ritt mit einem Trommelwirbel. Der Anlass wird vom lokalen Fernsehen live übertragen. Es gewinnt nicht derjenige der am meisten Sterne erobert hat, sondern es gibt eine Rechnung mit Zeit und Sternen. Der Sieger, für das Dorf Calangianus, erhält 1500 Euro, der 2. erhält 1000 Euro, der 3. erhält 500 Euro, der 4. erhält 300 Euro und dazu eine Trophae in Pferdeform. Der Wettkampf dauert ganze 3 Stunden. Es hat Unmengen von Leuten und es ist enorm mühsam so lange an der Sonne zu stehen. Paul geht nach dem 2. Durchgang zurück zur MABUHAY, er hat zu starke Rückenschmerzen. Aber trotzdem war es ein Super-Spettacolo.

diesen Stern muss man vom Pferd aus mit einer Lanze aufspiessen

Dienstag, 15.Mai 2007: Weder Wetterdaten noch Navigationsmeldungen erhalten, was ist jetzt schon wieder los? Ich telefoniere mit Herrn Rhigini von Furuno Italia. Er meint, wir müssen im Handbuch den Punkt 2.3 programmieren und sonst müssen wir halt selber schauen. Aha!!!

Es hat heute sehr viel Wind (etwa 5 Bft) und ist merklich abgekühlt, von 29° auf 22°.

Als wir aufstehen liegt eine Sea Cloud aus Malta bei uns im Hafen. Diesmal ist es sogar ein 4-Master-Kreuzfahrtenschiff. Sie läuft um 14h schon wieder aus.

Obwohl es uns fast umbläst, machen wir einen langen Spaziergang zum Fährhafen von Olbia.

Heute ist der eigentliche Feiertag zu Ehren des heiligen Simplicio, Schutzpatron von Olbia. Ich weiss jetzt, dass er ein Bischof in Olbia war und am 15. Mai des Jahres 304 nach Christus zu Tode gemartert wurde, aber warum weiss ich immer noch nicht.

Am Nachmittag sind alle Geschäfte geschlossen, ausser die von den Chinesen. Wir begeben uns gemütlich zur Kirche San Simplicio. Dort werden auf dem Platz vor der Kirche aus dem 11. Jahrhundert, von 16h30 bis 17h30 von verschiedenen Folkloregruppen Volkstänze aufgeführt. Es ist schön, vor allem weil auch Kindertanzgruppen dabei sind und das Ganze ist sehr farbenfroh.

Anschliessend wird der Prozessionszug zusammengestellt. Es sind 23 (!) Trachtengruppen anwesend, zum Teil mit sehr vielen Teilnehmern. Es gibt Mütter oder Väter, die tragen ihre kleinen Kinder, manchmal noch sehr kleine, 7 oder 8 Monate alte, in winzigen Trachten, auf den Armen. Bis nur schon alle diese Trachtenleute aufgestellt sind mit den vielen Kindern, dauert es lange, aber es ist sehr unterhaltsam, alle die verschiedenen und bunten Trachten zu bestaunen. An der Prozession nehmen auch 2 Chöre (auch in Trachten) und 2 Musikgesellschaften teil. Dann die Vertreter verschiedener Vereine und die Fahnenträger der Familien. Jetzt kommen die kirchlichen Vertreter, die Messdiener, viele Männer in weissen Gewändern, ein paar Pfarrer (au, wie heisst die Mehrzahl von Pfarrer?), dann der Bischof, gefolgt von den vier Trägern mit der blumengeschmückten Heiligenstatue auf den Schultern. Den Schluss bildet das Volk.

Wir schauen den Vorbereitungen zu und als es endlich los geht, stellen wir uns an der nächsten Strassenkreuzung auf, um den ganzen Zug vorbeiziehen zu sehen. Es ist enorm eindrücklich, mit wie viel Ernst alle dabei sind. Die Prozession macht einen grossen Bogen durch die Stadt und kommt dann zum Ausgangspunkt zurück. Wir begeben uns zum Parco Fausto Noce und essen erst mal ein Brot mit einer eingeklemmten Bratwurst, der Hauptverpflegung hier, es hat -zig solcher Stände. Gegen 21h30 tritt auf der Bühne die erste Volkstanzgruppe auf. Es sind die Olbianer. Ui, der hübsche Seeräuber ist auch wieder dabei! Jede Gruppe tanzt zwei Tänze, meistens den typischen „Nationaltanz“ der Sarden, den „ballu tundu“, den Rundtanz. Bei diesem Gruppentanz bilden die Tänzer und Tänzerinnen lange Ketten, die sich dann zu Kreisen schliessen. Nach meinem Geschmack dürften alle teilnehmenden Tänzer und Tänzerinnen ein wenig mehr lächeln.

Es weht ein bissig kalter Wind und Paul friert und hat starke Rückenschmerzen. Er geht schon bald zur MABUHAY zurück. Ich friere auch, kann mich aber nicht losreissen. Wann habe ich schon mal Gelegenheit, so einen Anlass mitzuerleben?

Schlag auf Schlag folgt eine Gruppe der anderen. Fast um 24h kommt eine Kindergruppe dran. Den ersten Tanz führen die Kleineren auf, der jüngste Knirps ist 5 Jahre alt. Den zweiten Tanz tanzen die grösseren Mädchen, die Älteste ist 17 Jahre alt. Toll, so ein Nachwuchs! Ich glaube die Sarden brauchen nicht um die Zukunft ihrer traditionellen Volkstanzkultur zu fürchten.

Die Gruppe aus Cabras tritt barfuss auf. Sie haben schon die ganze lange Prozession barfuss zurückgelegt. Für einen Tanz balancieren die Männer ein Glas mit Schnaps auf dem Kopf. Bei keinem einzigen fällt das Glas während des ausgedehnten Tanzes herunter und am Schluss trinken die Männer den Schnaps in einem Zug aus. Diese Gruppe wird als einzige von einem Flötenspieler mit der dreirohrigen Hirtenflöte, der „launedda“ begleitet. Alle anderen werden von Ziehharmonikas begleitet und die Olbianer von Gitarre und Mundharmonika, sowie Gesang. Als Abwechslung singt ein stimmgewaltiger Männerchor, im Kreis aufgestellt, so dass die Zuschauer nur die Rücken der Sänger sehen können, 2 eindrückliche Lieder. Den Abschluss bilden wieder die Olbianer, die alle Leute auffordern, mitzutanzen. Es ist inzwischen 00h30, der Wind immer noch schneidend kalt. Ich bin total durchgefroren und eile im Laufschritt, in etwa 25 Minuten zum Schiff zurück, um in meinem Bett wieder aufzutauen. Ich bin voll mit unvergesslichen Eindrücken dieses wunderschönen Tages

Um 01h45 kommmt plötzlich sturmartiger Wind auf und Paul steht mehrmals auf, um draussen zu schauen, ob noch alles in Ordnung ist.

heute ist der eigentliche Feiertag zu Ehren des heiligen Simplicio, Schutzpatron von Olbia.
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