Samstag, 28.April 2007: In Sardinien
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in Sardinien

Samstag, 28.April 2007: Nachdem wir unsere beiden Gäste am Flugplatz verabschiedet haben, fahren wir mit dem Mietauto Fiat Panda von Olbia Richtung Süden. Zuerst geht es der Küste entlang bis nach San Teodoro. Hier haben wir einen wunderschönen Ausblick auf die Isola Tavolara. Unseren ersten richtigen Stop machen wir in Posada. Ein kleiner Ort, der zuoberst auf einer Bergspitze thront, ja, richtig an den Berg angeklebt zu sein scheint. Wir spazieren durch die engen, malerischen Gassen, mit kleinen Plätzen, Treppen und Torbögen, bis zur Burgruine des Castello de Fava, die sich als Krönung über allem befindet. Die Aussicht auf die darunter liegende weite Küstenlandschaft und die Flussebene des Riu Posada mit Gärten und Feldern für Gemüse – und Obstplantagen, ist atemberaubend schön. Übrigens haben wir diesen imposanten Ort schon vom Meer aus, von weitem, beim vorübersegeln gesehen.

Irgendwo unterwegs bei Dorgali, essen wir auf einer Steinmauer unser Picknick. Durch wunderschöne Karstlandschaft und um tausend Kurven fahren wir einem der höchsten Berge Sardiniens, dem Monte Tiscali (1463m) entlang. Von Oliena besteht die direkte verbindung nach Orgosolo aus einer 18 km langen, wieder sehr kurvenreichen Strasse entlang des felsigen Berges Supramonte.

Das Hirtendorf Orgosolo zählt wegen der rauhen Natur, die es umgibt, und dem traditionellen Lebensstil seiner Einwohner zu den typischen Ortschaften der Gegend hier. Berühmt sind die politischen Wandmalereien, die „Murales“. Orgosolo hat ca. 4500 Einwohner und wurde bekannt als „Banditennest“ und Zentrum des politischen Widerstandes, der auch durch starkes Polizeiaufgebot vom italienischen Festland nicht zu brechen war. „Murales“ sind Ausdruck des Protestes, des Unmuts über verfehlte Politik, Ausbeutung und Korruption, vor allem aber Widerstand gegen jede Form von Fremdherrschaft. Dass die ersten “Murales“ 1969 in Orgosolo auftauchten, als die italienische Regierung oberhalb von Orgosolo einen Truppenübungsplatz bauen wollte, ist kein Zufall. Seitdem sind Generationen von Wandbildern entstanden, so unterschiedlich in ihrer Bildsprache, wie die Künstler die sie geschaffen haben.

Eine grosse Zahl von Wandmalereien, die das politische und soziale Engagement von zum Teil aus Orgosolo stammenden, teils fremden Künstlern bezeugen, prägen das Ortsbild und haben das Dorf zu einer kleinen Attraktion gemacht. In diesem abgelegenen Flecken gehören bemalte Hauswände zum Ortsbild, wie woanders der Blumenschmuck oder der Brunnen auf der Piazza. Dass keineswegs nur sardische Themen auf diese Weise dargestellt werden, zeigt das schnelle Reagieren auch auf aktuelle weltpolitische Entwicklungen, wie die Ereignisse vom 11. September 2001.

Unsere Fahrt geht weiter, nach Nuoro, der Provinzhauptstadt, die fast genau im Zentrum

Sardiniens, auf einem Bergrücken liegt. Ich würde gerne die Cattedrale Santa Maria della Neve besuchen, leider ist sie geschlossen.

Auf dem Rückweg, teilweise wieder der Küste entlang, sehen wir eine Gruppe Flamingos (fenicotteri heissen die auf italienisch, ist das nicht ein tolles Wort?) in einer Lagune stehen.

Zurück in Olbia kaufen wir uns zum Abschluss des schönen Tages noch eine italienische Handynummer.

wir machen eine kleine Erkundungstour in Sardinien
im Hirtendorf Orgosolo hat es viele Wandbilder

Sonntag, 29.April 2007: Wie gestern machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein mit unserem Mietauto auf den Weg, um Sardinien ein wenig zu erkunden. Heute wollen wir in den Nordosten und den Norden.

Die Costa Smeralda trägt ihren Namen „Smaragdküste“ zu Recht: türkisfarben leuchtet das Meer in zahlreichen Buchten mit herrlichen Sandstränden entlang der zerklüfteten Küste, hinter der sich das Hügelland mit seiner dunklen Macchia und bizarr geformten Granitfelsen erhebt. Die Costa Smeralda umfasst einen Küstenabschnitt von ungefähr 55 km Länge. Dieser gilt als einer der exclusivsten und teuersten Ferienrefugien der Welt.

Im Jahre 1962 beschloss der damals 25-jährige Aga Khan IV., nach langer Suche, hier sein gigantisches Projekt anzugehen: ein Urlaubsparadies für den internationalen Jetset zu schaffen. Aga Khan ist das Oberhaupt (Imam) der Ismailiten. Der Imam, einer der reichsten Männer der Welt, gründete mit dem Biermagnaten Patrick Guiness und mehreren Weltbanken ein Konsortium, das den ganzen Landstrich, inklusive die 55 km Küste aufkaufte. Da Sardinien damals touristisch noch kaum erschlossen war, erhoffte sich die Region einen wirtschaftlichen Aufschwung und stimmte dem Vorhaben zu.

Im Vergleich zum heutigen Wert des Bodens (2500-3500 Euro/pro m²), zahlte das Konsortium 1963 einen Spottpreis (umgerechnet 13-30 Cent/pro m²), freilich erschien den Besitzern damals dieser Preis für ihr karges Gebiet, das ihre Schafe kaum ernähren konnte, noch sehr hoch. Aber als Aga Khan Mitte der 1970er-Jahre eine zweite Bauphase an der Küste anlaufen lassen wollte, wurde ihm 10 Jahre lang keine Baugenehmigung erteilt. Erst nach der Intervention der italienischen Regierung, setzte sich das Konsortium 1983 durch. Doch 1994 gab der Imam schliesslich auf, als ein weiteres Bauvorhaben von der Regionalregierung abgelehnt wurde, verkaufte er seine Anteile. Heute gehört die Hälfte dem Hotelgiganten Starwood und die andere Hälfte dem kalifornischen Milliardär Tom Barrack.

Doch Aga Khan konnte lange Zeit zufrieden sein. Die oberen Zehntausend, Adlige, Schauspieler, Modedesigner und Grossunternehmer liessen es sich für viel Geld dort gut gehen. Brigitte Bardot, Roger Moore, Mike Jagger, Jean-Paul Belmondo und Bo Dereck quartierten sich hier ein ebenso wie die Turn und Taxis und König Juan Carlos aus Spanien.

Trotz der Bebauung hat die Region aber nicht an Charme verloren. Das Konsortium hat strenge Bauvorschriften erlassen, z.B. darf nicht höher als 3 Etagen hoch gebaut werden, so dass die kleinwüchsigen Steineichen nicht von den Häusern überragt werden. Man schuf den neosardischen Stil: eine Mixtur verschiedener Bauformen des Mittelmeerraumes, geprägt von flachen Bauten mit kleinen Türmchen und vielen Treppen und Terrassen. Als Baumaterial ist nur Naturstein zugelassen, die Pastellfarben fügen sich harmonisch in die Natur ein.

Unser Ziel an der Costa Smeralda, heisst Porto Cervo, wo die Schönsten und Reichsten ihre Villen und im Sommer ihre Megayachten liegen haben. Silvio Berlusconi, Bill Gates, Niki Lauda, Flavio Briatore, die Nichte von Putin und weiss der Geier noch wer alles, treffen sich hier im Feriendomizil des Jetsets jeden Sommer.

In etwas erhöhter Position, mit schönem Ausblick auf den Jachthafen, wo aber im Moment keine grossartigen Bonzenjachten liegen, besuchen wir die kleine, weiss angemalte Kirche „Stella Maris“(Meeresstern). Im Inneren beindrucken neben dem indirekt beleuchteten Altarraum mit dem schönen deutschen Kruzifix eine neapolitanische Orgel aus dem 17. Jahrhundert und die „Mater dolorosa“, ein Madonnenbild von El Greco. Das Gemälde ist ein Geschenk einer deutschen Millionärin, der Schwester von Heinrich Thyssen, an die Kirche, nachdem sich ihre Tochter von einer schweren Krankheit erholt hatte.

Genau jetzt, wo wir hier sind, kommt eine grosse Hochzeitsgesellschaft und begibt sich in die Kirche. Die Braut trägt ein 2-3 Monate altes Baby, das man zuerst gar nicht erkennen kann, auf ihren Armen. Das Baby ist sozusagen „getarnt“. Sein langes Taufkleidchen ist aus dem genau gleichen crèmefarbigen Stoff wie das Hochzeitskleid der Mamma. Als das Brautpaar seinen Platz vor dem Altar in der Kirche eingenommen hat, applaudieren alle Anwesenden. Ein kleiner Chor, mit einem Cellospieler und einem Gitarrenspieler hat sich aufgestellt und ich freue mich auf deren Vortrag. Aber ich werde sehr enttäuscht: es tönt schrecklich!

Nun begeben wir uns ins Zentrum von Porto Cervo, auf die „Piazetta“ beim alten Hafen. Aber auch hier begegnen wir keinem „hohen Tier aus der feinen Gesellschaft“, es hat nur ganz viele, d.h. Hunderte von Motorradfahrern mit ihren Vehikeln (auch viele Deutsche und Schweizer), die hier scheinbar ein Treffen haben. Ja, hier hat es schon einige schöne Traum-Häuschen mit wunderschöner Landschaft drumherum. Aber ich glaube nicht, dass deren Besitzer zufriedener sind als wir Normalsterblichen..., oder?

Unsere Fahrt geht weiter nach Arzachena. Hier decken wir uns mit einem Picknick ein. Es ist Sonntag morgen und wir finden kein Brot. Im Supermercato finden wir eine sardische Spezialität: getrocknetes Fladenbrot und dazu, das glaubt uns keiner; richtig gute Cervelas und Thomy- Senf. Wirklich und wahrhaftig, echten Thomy-Senf! Hier, mitten in der Provinz! Das hätten wir nie erwartet!

In der Nähe von Arzachena hat es viele Zeugen der uralten sardischen Geschichte. Wir besuchen das „Gigantengrab Coddu Vecchju“. Nein, da wurden keine Riesen begraben, das Grab heisst so, weil es gigantische Masse hat. Der Stein des „Eingangstores“ ist 4,40m hoch und 1,90m breit. Die Länge des ganzen Grabes beträgt 10m und die Breite 4m und war eigentlich ein Gemeinschaftsgrab. Von hier begeben wir uns zum nahen „Nuraghe Albucciu“. Nuraghe sind aus grossen Granitblöcken gebaute runde Wohnhäuser oder Verteidigungstürme, die für Sardinien sehr typisch sind. Sie stammen aus dem 14.- 9.Jahrhundert vor Christus. Das sind wirklich „alte Steine“ und sehr beeindruckend.

Jetzt packen wir unser Picknick ein und marschieren etwa 1.5 km hügelaufwärts zum „Tempietto di Malchittu“. Unterwegs essen wir aber noch unser feines Picknick und lassen es uns an der Sonne gut gehen. Die Landschaft ist wunderschön. Bis zu unserem Ziel ist es nicht mehr weit, trotzdem kommen wir ganz ordentlich ins Schwitzen. Der „Tempietto“ ist ein kleiner ovaler Tempel, auch aus Granitblöcken gebaut und mitten im Wald versteckt. Auch er stammt aus der nuraghischen Zeit. Er besteht aus einem Vorraum und einem Hauptraum. Mitten in diesem Hauptraum wächst ein Baum und das Dach ist eingestürzt. Um wieder zum Auto zurück zu gelangen, nehmen wir die steile Abkürzung durch den Wald. Wir müssen über riesige Granitformationen und umgestürzte Bäume klettern, aber es ist sehr schön.

Nun geht es Richtung Santa Teresa di Gallura, ganz im Norden Sardiniens. Von hier gibt es Fährverbindungen nach Korsika. Der Ort thront hoch oben auf einem Felsplateau über dem Meer. Der schachbrettartige Grundriss der ältesten Strassen wurde vom König von Sardinien, Vittorio Emanuele I. im Jahre 1808 selbst entworfen und er benannte die neue Ortschaft nach seiner Gemahlin Maria Teresa. Wir wenden uns dem Capo Testa zu, dem äussersten Cap etwa 5 km westlich von Santa Teresa. Die Aussicht vom Leuchtturm auf die unheimlich schönen Granitformationen ist sehr beeindruckend. Ausserdem kann man von hier rüber nach Frankreich, d.h. nach Korsika schauen. Nach einem Cappuccino im Zentrum der Stadt müssen wir uns auf den Rückweg machen. Der Himmel ist inzwischen ganz schwarz geworden und wir befürchten baldigen Regen. Vorbei an wunderschönen, farbig blühenden Frühlingswiesen fahren wir wieder gegen Olbia. Wir glauben, noch nie so schöne Blumenwiesen und Strassenränder gesehen zu haben, wie dieses Frühjahr in Tunesien und hier in Sardinien. Einfach umwerfend schön! Diesmal fahren wir ein Stück an der Westküste entlang und dann quer durchs Land, durch Korkeichenwälder und viele kurvige Strassen nach Aglientu, Tempio Pausania, Calangianus und Telti zurück nach Olbia. Unterdessen regnet es in Strömen.

in Porto Cervo
bei der Kirche „Stella Maris“(Meeresstern), ein Brautpaar mit "getarntem"Baby

Montag, 30. April 2007: Die ganze Nacht hat es geregnet und es ist sehr kühl. Den heutigen Tag benutzen wir, um mit dem Mietauto die nähere Umgebung von Olbia abzuklappern. Das heisst, wir fahren von einem Do-it-Yourself-Geschäft, Baumarkt und Supermarkt zum anderen. Wir kaufen verschiedene Kleinigkeiten ein, wie: elektrische Kabel, Wasseranschlussstücke, 2 blaue kleine Salatschüsseln, 1 grosse blaue Salatschüssel, im Supermercato „Iperstanda“ finden wir tolles Vollkornmehl und dort essen wir auch am Mittag jeder eine Portion Pommes Frites. Aber eigentlich ist es gar nicht gemütlich, es geht zu wie in einem Ameisenhaufen und ist saulärmig. Morgen ist Feiertag (1.Mai) und es hat viele Familien die heute hier essen. Wir sehen Kinder, die kauen schwer an einer riesigen „Pizza Patatine“, das heisst, oben auf der Pizza hat es noch eine Portion Pommes drauf! Später geben wir das Mietauto ab. Wir haben in den 3 Tagen für 41.- Euro Diesel verbraucht und sind 710 km gefahren.

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