Dienstag, 20.März 2007: Im Hammam
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die künstliche Kokospalme

Dienstag, 20.März 2007: Heute ist der tunesische Nationalfeiertag. Am 20. März 1956 wurde Tunesien von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen.

Es hat sehr viel Wind (5-6 Beaufort) heute, aber die Sonne scheint. Wir, Paul und ich, fahren mit dem Bus nach Hammamet. In der Stadt merkt man nicht viel von Nationalfeiertag. Überall hat es rot-weisse tunesische Flaggen aufgehängt, aber die hat es meistens. Die Banken, die Post und einige grössere Geschäfte sind geschlossen, aber sonst sind alle Läden auf und wir können wie gewohnt einkaufen.

Wir bringen unseren brandneuen Rucksack zum Schneider, zur Reparatur des Reissverschlusses.

Zur Feier des Tages essen wir gegenüber dem Friedhof im Restaurant „Le Journal“ ein einfaches, aber gutes Mittagessen, zum Abschluss spendiert das Haus ein gutes Pfefferminzteeli. Das Restaurant ist total mit Zeitungen tapeziert. Ist ja klar, es heisst ja schliesslich auch „Le Journal“.

 

Mittwoch, 21.März 2007: Es hat wieder sehr viel Wind, die Sonne scheint, aber es sind nur 13°. Heute ist in Tunesien schon wieder ein Feiertag; das Jugendfest. Was das genau ist, wissen wir nicht. Wir sehen nur überall sehr, sehr viele Familien mit Kindern oder Jugendliche, die sich im Freizeitpark „Carthago Land“ oder auf der Eisbahn „Blue Ice“ vergnügen. Die Geschäfte sind alle geöffnet.

Wir spazieren 1½ Stunden durch Hammamet Yasmine. Es ist unglaublich, was hier alles gebaut wird. Neue Hotels, neue Restaurants, neue Geschäfte, neue Appartementhäuser,

dabei hat es sehr viele neue Gebäude, die leer stehen und noch nie benutzt wurden. Wir können das nicht verstehen. Ausserdem wird ein Strassen-Tunnel gebaut zum Hafen und ein Deich der den Hafen vor allzu grossen Wellenbewegungen schützen soll. Auch im Hafen selber schiessen die Gebäude wie Pilze aus dem Boden. Morgens um 7h wird mit baggern begonnen und abends wird im Dunkeln, ohne Lampen!, noch gearbeitet. Wir können nur vermuten, dass die mit den Arbeiten im Rückstand sind, und dass alles fertig sein soll, bis die Heerscharen von Touristen hereinbrechen.

Aber den absoluten Höhepunkt des schlechten Geschmacks hat ein kleiner hellblauer Getränkekiosk mit einigen Tischen und Stühlen, hier im Hafen, getroffen. Jetzt haben die doch tatsächlich eine künstliche Kokospalme aufgestelllt! Einige der schönen, echten Palmen wurden dem Bauboom geopfert. In Tunesien haben wir bis jetzt noch keine einzige Kokospalme gesehen, wir vermuten es gibt hier gar keine. Die tolle künstliche Kokospalme wird nachts von innen beleuchtet. Durch die Blätter läuft grünes Licht, der Stamm erstrahlt hellbraun und die Kokosnüsse leuchten weiss, absolut scheusslich!

 

Freitag, 23.März 2007: Es ist sehr kalt, heute Morgen hatten wir 12° im Schiff brrr...! Zum Glück haben wir ein Heizöfeli. Die ganze Nacht war Wind und zwischendurch Regen.

Gerdi und ich kommen doch noch zu unserem „Hammam-Besuch“! Um 14h fahren wir mit dem Bus nach Hammamet, zur Medina. Nach 2 Mal fragen, finden wir den „Hammam“.

 

Ein ''Hammam''' ist eine Art Sauna, die man vor allem in der arabischen Welt, im iranischen Kulturkreis und in der Türkei findet und er ist ein wichtiger Bestandteil der islamischen Badekultur. Er ist auch unter dem Namen "Türkisches Bad" bekannt.

 

Der Hamam ist im Gegensatz zur finnischen Sauna keine Trockensauna, sondern ein Dampfbad, welches meist aus Marmor besteht. Öffentliche Hammams werden nach Geschlechtern getrennt genutzt: Es sind entweder separate Räumlichkeiten vorhanden oder die Nutzungszeiten für Frauen und Männer sind verschieden. In Hotelanlagen kann der Hamam meist auch gemeinsam besucht werden. Der Besucher legt ein spezielles Handtuch als Lendenschurz an. An den Wänden befinden sich Waschbecken mit warmem und kaltem Wasser mit welchem man sich entweder selbst regelmäßig übergiesst, oder man lässt sich von einem Tellak (Bademeister und Masseur) waschen. Oft werden gegen Aufpreis auch Massagen und Peelings angeboten. Ein Peeling reinigt die Haut durch Reiben mit der sogenannten Kese, einem rauhen Handschuh aus Wildseide oder Ziegenhaar.

 

Neben dem Reinigen und Schwitzen wird in den Hammams auch viel für die Schönheitspflege getan. Die Männer nutzen die entspannte Atmosphäre um sich zu rasieren, die Frauen epilieren sich den gesamten Körper (im Islam ist die Entfernung der Achsel- und Schamhaare Pflicht) oder färben sich die Haare.

Nach dem Besuch des warmen Dampfbads folgt eine Phase der Erholung und Entspannung in einem kühleren Raum.

Der Besuch eines türkischen Dampfbads kann das Wohlbefinden erhöhen, kann Muskelverspannungen entgegenwirken und regt die Durchblutung der Haut an. Die Hautalterung wird verzögert.

Menschen mit akuten Infektionskrankheiten, mit Herz-Kreislauf-Krankheiten, mit

Venenthrombosen oder Krampfaderleiden wird jedoch vom Besuch eines Hammams, abgeraten.

 

In diesem Hammam ist morgens von 8h -12h für Männer geöffnet und nachmittags von 13h – 20h für Frauen.

Wir kommen um 14h45, gleichzeitig mit 2 jungen französischen Touristinnen in dem „Türkischen Bad“ an. Im Eingangsraum überraschen wir die „Hammamswärterin“ (oder wie heisst der Job?) beim Mittagsschläfchen. Sie rappelt sich auf und dirigiert uns in den Vorraum wo sie uns lautstark befiehlt, uns auszuziehen. Oh Mann, wo sind wir da hingeraten? Wir dürfen nur die Unterhose anbehalten! Mit scharfem Kommando geht es jetzt ins eigentliche Dampfbad. Die 2 Französinnen, Gerdi und ich müssen uns auf die steinernen Bänke setzen die es rings um den Raum hat und müssen warten. Es ist schön warm hier drinnen und recht angenehm. Aber schon bald haut es mich fast von der warmen Steinbank herunter. Die gleiche „Hammam-Kommandantin“, sie heisst übrigens Mauria, die vorhin in Schleiern und langen Röcken herumlief, kommt doch jetzt tatsächlich auch nur mit einer Unterhose bekleidet in den Raum. Obwohl ich meine Brille abgeben musste, und hier im Nebel nicht sehr viel sehe, kann ich es nicht fassen!!!

Jetzt gehts aber los! Zuerst muss eine der Französinnen (sie kommen aus der Bretagne) auf einen steinernen Hocker sitzen und ihr werden jetzt die Haare gewaschen. Nachdem sie auch sonst noch rundherum eingeseift und gewaschen wird, kommen auch wir, eine nach der anderen dran. Mauria schmeisst uns hektoliterweise heisses und weniger heisses Wasser über den Körper und freut sich diebisch, wenn wir zusammenschrecken, weil das Wasser zu heiss war!

Nun müssen wir wieder im Dampf garen und warten, bis wir wieder dran sind. Wir werden herumkommandiert wie die Soldaten und getrauen uns nicht irgend einen Ton von uns zu geben...Mauria spricht nur arabisch.

Die nächste Prozedur findet im Nebenraum statt. Hier muss man sich auf eine Bank legen und jetzt gehts erst richtig los. Mauria schrubbt mit einem ganz groben Handschuh so lange an uns herum bis alle unsere Bräune weggerubbelt ist, und wir rot sind wie die Krebse. Sie fängt beim Kopf an und arbeitet sich kraftvoll bis zu den Füssen vor. Jeder Finger, jede Zehe kommen dran. Sogar die Augen werden ausgerubbelt! Dazwischen wird einem immer wieder ein zünftiger Eimer warmes Wasser angeschmissen. Das müssen enorme Mengen von Wasser sein, die hier herumgeschmissen werden. Während jetzt Gerdi drankommt, muss ich mich selber mit einem noch gröberen Handschuh und mit einem riesigen Stück Olivenseife nochmals total abschmirgeln. Anschliessend muss ich in eine Kammer wo ich gebrüht werde wie ein Huhn das gerupft werden muss. Au, das ist jetzt aber richtig heisses Wasser, bis alle Seife abgespült ist! Unsere Befehlshaberin Mauria amüsiert sich königlich, weil ich bei dem heissen Abspülen zusammenzucke. Ja, ja, Mauria nimmt uns ganz zünftig in die Mangel, und das eine halbe Ewigkeit lang! Aber endlich, nach 2 ¼ Stunden fühlen wir uns beide, Gerdi und ich, wie neugeboren, um 10 Jahre jünger und unsere Haut ist rundum seidenweich wie ein Babyfüdi(po)! Und ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nie so sauber gewaschen, porentiefrein sozusagen.

Mitten während unserer Behandlung kommen auch einheimische Frauen in den Hammam. Ein „Gröseli“ (Oma) sitzt zum Beispiel zufrieden am Boden und wäscht sich fein säuberlich und in aller Gemütsruhe. Ein Mami ist mit einem kleinen Mädchen da und ein junges Mädchen verzieht sich in eine Einzelkabine.

Ja, das war wirklich eine interessante neue Erfahrung, dieser Hammam! Gerdi und ich wissen jetzt, was die arabischen Frauen unter ihren verschiedenen Tüchern und Röcken tragen...

 

Samstag, 24.März 2007: Wunderschönes Wetter und 16°. Wir schlafen sehr lange.

Paul streicht den Anker 2 mal weiss an, damit wir ihn später im trüben Wasser besser sehen können.

Ich schreibe Karten und stricke die 2. Socke.

Hammamet
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