
Montag, 9.Oktober 2006: Paul verwandelt unsere MABUHAY in ein Beduinenzelt! Mit einer grossen blauen Plane deckt er das Cockpit so zu, dass wir jetzt drunter von Wind und Regen gut geschützt sein werden. Ausserdem montiert er im Schiff eine neue Lampe über dem Kartentisch, er bohrt Löcher in die Decke, verlegt Kabel und ich muss ihm dabei assistieren.
Wolfgang Müller, unserem deutschen Stegnachbarn wurde heute im Gedränge, beim einsteigen in den Bus, das Portemonnaie geklaut, Mist!
Am Nachmittag versuche ich in der Capitaneria ins Internet zu gehen. Keine Chance! Die Verbindung klappt nicht! Seit Freitag probiere ich vergeblich, Marcus ein E-Mail nach Hause zu senden.
Gegen Abend wird es ein wenig kühl und wir essen ein heisses Süppchen (Abschiedsgeschenk von Pauls Klassenkameraden), mit einem schönen aufgeklebten Spruch!!! Mmm...so ein Süppchen ist doch immer wieder gut!

Dienstag, 10.Oktober 2006: Wir fahren mit dem öffentlichen Bus nach Hammamet in die Wäscherei, die uns Eva gezeigt hat. Im Bus spricht mich ein 12-jähriges tunesisches Mädchen an, das neben mir sitzt. Zuerst will sie wissen, wie viel Uhr es ist. Dann interessiert sie sich, was in der blauen IKEA-Tasche drin ist (schmutzige Wäsche). Schade, spricht die Kleine nicht besser Französisch, ich hätte mich gerne noch ein wenig mit ihr unterhalten. Kurz bevor sie aussteigt, fragt sie mich:"Hast du Geld?" Nein, habe ich natürlich nicht!
Heute will die Mitarbeiterin der Wäscherei plötzlich 2 Dinar pro Kilo Wäsche haben. Aber wir wehren uns erfolgreich, letztes Mal, weil Eva dabei war, kostete das Kilo nur 1.500 Dinar! Non, non, so nicht! Ein Herr, der scheinbar auch hier angestellt ist, redet der Frau auf Arabisch gut zu, und wir bekommen den Preis von 1.500 Dinar.
Ich sitze 2 ganze Stunden im Internet, bis ich endlich alle Berichte und ganz viele Fotos (die mit den Ziegenköpfen) übermittelt habe. Aber wenigstens ist der Internetpoint hier nicht teuer, nur 2 Dinar (knappe 2 Franken) pro Stunde. Da haben wir in Frankreich und Italien schon ganz andere Preise bezahlt!
Wir essen in der Stadt einen kleinen Salat, erledigen unsere Einkäufe, finden sogar den Gewürzladen wieder, wo es so gut duftet und warten dann auf den Bus um zum Hafen zurück zu fahren. Plötzlich kommt ein Trauerzug vorbei: Zuerst fährt ein Auto, ein offener Pickup daher. Auf den Seitenwänden der Ladefläche sitzen 4 Männer. Diese halten ein Holzgestell fest. Auf dem Gestell liegt ein Leichnam, eingepackt in eine bunte Decke. Hinter dem Auto laufen etwa 50 Leute her, alles Männer. Für uns ist es eher ungewohnt, einen Toten, nur so in eine Decke gehüllt, vorbei fahren zu sehen.

Mittwoch, 11.Oktober 2006: In unserem Salon werden zwei neue Leselampen installiert, damit wir uns beim abendlichen Lesen die Augen nicht verderben. Die Deckenverkleidung muss heruntergenommen werden, Löcher gebohrt, Kabel verlegt. Paul ist es ja gewohnt, die halbe MABUHAY auseinander zu nehmen! Aber heute ist es zu viel des Guten! Bohrt er doch vor lauter Arbeitswut ein Loch ins Schiff, wo niemals ein Loch hingehören würde!!! Ich nähe heute neun neue Aufhänger an alle Küchenhandtücher, weil ich mich ärgere, dass diese nur auf einer Hälfte abgenutzt werden. Zu Hause hätte ich das mit meiner tollen BERNINA-Nähmaschine ratzfatz in fünf Minuten erledigt. Hier, von Hand, mit Stärnlifaden und weil ich immer wieder Paul assistieren muss, dauert das einen ganzen Morgen.
Um 15h00 kommt Wolfgang von Trans-Ocean. Stefan, der Basler Alleinsegler stösst zu uns. Unsere Nachbarn Gisela und Wolfgang Müller kommen dazu und zu guter Letzt noch Eva. Was zuerst nach einem gemütlichen Höck bei einem Bier, Tee oder Wasser aussah, entwickelt sich bis zum Schluss zu einer heftigen und lautstarken Diskussion über alles Mögliche und Unmögliche!

Donnerstag, 12.Oktober 2006: Gestern Nacht war es mir unmöglich, einzuschlafen.
Aussen an der MABUHAY, direkt bei meiner Kopfhöhe, knarrte unaufhörlich ein
Befestigungsseil. Irgendwann, gegen 1h00 hatte ich genug, schnappte mein Bettzeug und flüchtete in die Bugkabine. Ah...hier war das Knarren kaum zu hören und ich konnte endlich sofort entschlummern.
Mit Müllers wollen wir heute per öffentlichem Bus zur Wäscherei in Hammamet fahren. Ich kann es kaum fassen; in der Wäscherei angekommen, breitet die Mitarbeiterin meine schmutzige Wäsche auf dem Ladentisch aus! Angeblich um die Wäschestücke zu zählen, dabei wird die Wäsche pro Kilo verrechnet. Mir ist das furchtbar peinlich, macht sie das doch in Anwesenheit von Müllers und anderer Kundschaft!!! Das kann doch wohl nicht sein, oder? Mit Müllers ihrer Wäsche macht sie das nicht, also, was sollte das? Ich weiss es immer noch nicht!
Am meisten erstaunte mich aber heute in dieser Wäscherei, dass der junge Mann dort (auch ein Angestellter?), ein hellgraues T-Shirt mit dem kleinen Logo der Schweizerischen Post "Die Post" auf der linken Brust trug. Wo er das wohl her hat?
Von hier aus gehen wir auf den Markt, der jeden Donnerstag stattfindet. Wir müssen ziemlich weit laufen bis wir ihn endlich finden. Ein Teil des Marktes ist auf Touristen eingestellt, aber der grössere Teil ist für die Einheimischen. Ausser einem ganzen Kilo !!! Datteln und einem Schrubber kaufen wir nicht viel. Faule Tomaten und Kartoffeln brauchen wir nicht. Es hat sehr viele Stände mit gebrauchten Kleidern aus den Kleidersammlungen. Bei der Medina essen wir zusammen zu Mittag. Anschliessend gehen Paul und ich kurz ins Reisebüro das direkt neben dem Restaurant liegt. Wir wollen mal ein wenig vorsondieren, was ein Flug in die Schweiz kosten würde. Das Reisebürofräulein sitzt obergelangweilt hinter ihrem Schreibtisch. Auf unsere Frage hin, stürzt sie sich auf die Arbeit! Mit der linken Hand stützt sie den Kopf ab und mit der rechten Hand sucht sie im Computer einen Flug für uns. Danke vielmals, aber ich glaube wir kommen besser wieder, wenn der Ramadan vorbei ist!



Freitag, 13.Oktober 2006: Mein Velomechaniker wechselt heute an meinem Velo die Bremskabel und das Schaltkabel. Wow... jetzt läuft das Velo wieder super!
Ich mache unterdessen Grossputz im Schiff. Die Müllers müssen ihr 9 Meter-Schiff "Thalia" zu den Motorbooten, bei der Capitaneria verlegen. Sie sind nicht sehr erfreut darüber, dort sind sie fast alleine und haben auch keinen Fernsehanschluss mehr. Gegen Abend kommt immer mehr Wind auf, und um 20h00 gibt es ein Wahnsinnsgewitter. Während einer ganzen Stunde blitzt, donnert,schüttet und hagelt es ununterbrochen. Wir haben beide wieder mulmige Gefühle im Bauch und die Erinnerung an unseren Blitzschlag lässt uns nicht los!
Pauls Beduinenzelt bewährt sich prima, unser Cockpit bleibt schön trocken.

Samstag, 14.Oktober 2006: Paul und ich gehen wieder mit dem Bus nach Hammamet. Im Bus unterhält sich Paul (auf deutsch) mit einem Tunesier, der sagt, er habe in Zürich gearbeitet. Jetzt sei er krank, dabei zeigt er uns das Rezept, das ihm der Arzt gegeben hat. Wir können natürlich nichts lesen, es ist arabisch geschrieben! Dann zeigt er uns seinen Ausweis und erklärt uns stolz, dass er am 29. März geboren wurde und er jetzt 56 sei (er sieht aber aus wie 80!).
Wir wollen die Wäsche abholen. Unterwegs überrascht uns eine höllische Regenschütte. Um nicht total durchnässt zu werden, flüchten wir in den Internetpoint. Um die Zeit zu nutzen, schreibe ich ein langes E-Mail an unseren 2. Vize-Hilfs-Assistenten Markus. Ich habe es soeben fertig geschrieben und will es absenden: neiiiiiin!!! Stromausfall! Das E-Mail ist futsch und ich bin wieder mal ein Internetopfer...
Draussen regnet es in Strömen, aber wir wollen weiter. Aus den höher gelegenen Seitenstrassen schiessen richtige Sturzbäche in die Hauptstrasse und bringen haufenweise Sand und Steine mit. Die Kreuzung ist total überflutet, da die Abwasserkanäle das viele Wasser nicht so schnell schlucken können. Die Strassen verwandeln sich innerhalb von Minuten in fliessende Gewässer! Wir suchen uns den Weg unter den Hausdächern entlang. Nach etwa 300 m merkt Paul, dass er den Besenstiel, den wir gekauft haben, im Internetpoint vergessen hat. Er also wieder zurück, während ich an einer trockenen Stelle warte. Endlich können wir weiter und als wir in der Wäscherei ankommen, ist die Wäsche noch nicht bereit! Wir sollen am Sonntag oder am Montag wieder kommen. Aber das "Die Post" T-Shirt ist wieder da!
Während wir auf den Bus warten, um zum Hafen zurück zu fahren, hält plötzlich ein Auto neben uns, um uns mitzunehmen. Es ist Wolfgang von Trans-Ocean, mit seinem alten Citroen Deux Chevaux Diane. Er nimmt uns mit und zeigt uns noch diverse Geschäfte, wo man Ersatzteile und Zubehör fürs Schiff kaufen kann. Auf dem Rückweg regnet es immer noch und überall läuft das Wasser die Strassen entlang. An einem Ort fliesst sogar ein richtiger Fluss über die Strasse und wir müssen durch eine etwa 50 cm tiefe braune Brühe fahren.
Zum Abendessen haben wir Müllers eingeladen. Den ganzen Abend stürmt und gewittert es unermüdlich. Wir sind uns alle einig, so lang andauernde Gewitter gibt es bei uns nicht. Es regnet noch die halbe Nacht und morgens um 7h00 geht es schon wieder los.


Sonntag, 15.Oktober 2006: Es ist Sonntag. Kaum regnet es nicht mehr, schleift und lackiert Paul unsere Eingangstüre mit extra Schiffslack neu. Er sagt, man müsse 7 (!) Lackschichten auftragen und dazwischen jedes mal 24 Stunden trocknen lassen. Und das stinkt!!! Später kommt dann noch der Cockpittisch dran. Na ja, hoffentlich ist er bis Weihnachten fertig damit!
Am Nachmittag kommen zufällig Eva und Wolfgang vorbei, und weil gerade Zeit ist, den Lack trocknen zu lassen, laden wir sie zu einem Kaffee und Guetsli (Keskse) ein.
Zwischendurch regnet es immer wieder kurz, aber kalt ist es eigentlich nicht. Wir sitzen mit kurzarm T-Shirts (Paul sogar "oben ohne") unter unserem gemütlichen Beduinenzelt.


Montag, 16.Oktober 2006: Unser Stubentisch ist zu hoch und deshalb fahren wir mit den 2 Tischbeinen per Velo zur Dreherei. Diese werden um 5 cm gekürzt, womit das nun auch erledigt wäre.
Paul ist schon bei der 2. Lackschicht...
Den ganzen Nachmittag regnet es immer wieder zwischendurch. Hört das eigentlich auch wieder mal auf, oder geht das jetzt den ganzen Winter so weiter?
