
Freitag, 29.September 2006: Gestern hat Paul den elektronischen Wasserstands-Anzeiger (zeigt an, wieviel Wasser noch in den Frischwassertanks ist) ersetzt. Den hatte es bei dem Blitzschlag auch durchgeschmort. Das Teil ist ein Schweizerprodukt und musste zuerst von der Schweiz hier angeliefert werden.
Ich habe den ganzen Tag Berichte geschrieben und nachdem Paul auch unsere Velos wieder flott gemacht hat, fahre ich zum ersten Mal seit meinem Armbruch wieder Velo. Ich habe mich richtig darauf gefreut und es geht prima.
Es ist heiss heute! Ich versuche Berichte und Fotos nach Hause zu übermitteln, das dauert wieder ewig! Bei den Computern in der Capitaneria, es hat drei Stück, die wir benützen dürfen, lerne ich eine ältere deutsche Frau kennen und ihren amerikanischen Mann. Sie erzählen mir, dass sie seit zehn Jahren mit dem Schiff unterwegs sind.
Paul rupft den Gasherd im Schiff total auseinander, weil der automatische Anzünder nicht mehr funktioniert. Zusammen putzen und fideln wir den Herd so lange, bis man sich darin spiegeln kann. Also heute wird hier nichts gekocht, sonst ist der Herd gleich wieder schmutzig! Wir machen einen kleinen Veloausflug um uns ein wenig die nähere Umgebung anzusehen. In einem gemütlichen Gartenrestaurant essen wir ein Sandwich.
Auch am Abend gibt es an Bord nur kalte Küche, damit der Gaskocher nicht wieder verdreckt wird!

Samstag, 30.September 2006: Eva, von Trans-Ocean, nimmt uns in ihrem Auto mit in die Stadt Hammamet. Das sind ungefähr 12 km. Sie geht mit uns in einen tunesischen
Telefonshop (Tunisiana) und wir kaufen eine tunesische Simcard für unser Handy. So, jetzt sind wir hier angepasst! Eva zeigt uns anschliessend viele Läden. Die Wäscherei, den Metzger, den Laden wo man gebratene Hühner kaufen kann, nur leider nicht jetzt; Ramadan!
Die Bäckerei, Gemüseläden, den Supermarkt, den Coiffeur, den Gewürzladen. Im Gemüseladen sehen wir, dass es hier sehr viel schöneres Gemüse hat, als wir letzte Woche in Nabeul gesehen hatten. Na also, geht doch! Der Gewürzladen hat es uns ganz besonders angetan. Da gibt es Sachen und es duftet... mmm. Und man darf von allem probieren. Paul probiert ausgiebig von den Feigen, Datteln und Mandeln! Wir versuchen schwarze, grüne, gelbe Oliven, dabei mag ich eigentlich gar keine Oliven. Ich habe noch nie in meinem Leben Oliven gegessen, aber die Schwarzen schmecken sogar mir. Wir verlassen das Geschäft mit Oliven (schwarzen), Feigen, Datteln und einer 700g Büchse Thonfilet. In jedem Laden kaufen wir etwas und kommen vollpepackt zurück zum Hafen.
Wir fragen uns, ob wir die vielen Geschäfte jemals selbständig wiederfinden werden?
Am Nachmittag sind wir bei den Deutschen Gisela und Wolfgang Müller zum Bier
eingeladen. Ihr Schiff Thalia liegt gegenüber am gleichen Steg wie wir. Wir quatschen drei Stunden lang über Gott und die Welt. Kein Wunder läuft uns die Zeit immer nur so davon!



Sonntag, 1.Oktober 2006: Es ist zwar Sonntag, aber dennoch wäscht Paul den
Ankerkasten aus. Er spült den Anker mitsamt der ganzen Kette und verschiedenen Seilen. Alles ist voll Salzwasser und eine Süsswasserwäsche kann nicht schaden.
Am Nachmittag machen wir ein Veloausfährtli zur Medina (Neu erbaute Touristenaltstadt). Die Velos lassen wir draussen stehen. Weil wir den Schlüssel für das Spiralschloss im Schiff vergessen haben, fragen wir den Wächter am Eingang, ob er ein Auge auf unsere Fahrräder werfen würde. Ja klar, nix Problema! In der Medina werden wir sofort von einem jungen Burschen abgeschleppt, und per Handy in der Teppichknüpferei angemeldet. Dort sitzt eine Frau vor einem Teppichknüpfrahmen und macht lustlos ein paar Knoten. Jetzt kommt aber ihr Chef dazu und spricht uns in Schweizerdeutsch an. Er erzählt uns, er habe 16 Jahre in Bern und Umgebung gewohnt und gearbeitet und sein Herz hänge immer noch sehr an der Schweiz. Er heisst Abdul und lädt uns ein, nach dem Ramadan wieder zu ihm zu kommen und mit ihm Kaffee oder Tee zu trinken und eine Chicha (Wasserpfeife) mit ihm zu rauchen. Ja, warum nicht? Wir haben ihm klar und deutlich gesagt, dass wir keinen Teppich kaufen werden!!!
Beim Verlassen der Medina finden wir unsere Velos noch am genau gleichen Ort, wo wir sie abgestellt haben. Aber Mist! Der Wächter hat Feierabend gemacht und hat die Velos mit unserem eigenen Spiralschloss, das im Körbchen auf dem Gepäckträger lag, fein säuberlich zusammengeschlossen! Himmel nochmals, jetzt müssen wir zu Fuss die etwa 2 ½ km lange Strecke zur MABUHAY laufen, den Schlüssel holen, wieder herkommen und die Velos abholen. Und es ist sauheiss... Also das muss man sagen, der Wächter hat seinen Job wirklich gut gemacht und hat perfekt auf die Velos aufgepasst. Aber wieso passiert eigentlich immer uns so ein Blödsinn?
Diesmal warten wir bis nach Sonnenuntergang um nochmals zur Medina zu laufen...











Montag, 2.Oktober 2006: Es hat dicken Nebel heute, 87% Luftfeuchtigkeit. Paul
überrascht mich mit einem feinen Gipfeli (Hörnchen) zum Frühstück. Die Sonne kommt durch den Nebel und jetzt wird endlich wieder mal was gearbeitet. Wir nehmen dasVorsegel herunter und waschen es mit Süsswasser, dann wird das ganze Schiff geschrubbt.
Von 11h30 bis um 16h00 sind wir am Strand direkt neben dem Hafen. Schliesslich müssen wir das Schiff trocknen lassen! Nun kann das Segel wieder eingerollt werden. Abends essen wir im nahen Restaurant Le Voilier ein Kamelsteak. Das Kamel ist gar nicht so schlecht, nur ein wenig mit Sehnen durchzogen, aber geschmacklich ganz gut. Dazu gibt es Pommes, Gemüse und einen wunderbaren tunesischen Rotwein (Magon). Zur Vorspeise gibt es so scharfes rotes Zeug und frische Brötchen. Wir fühlen uns richtig wohl in dem Restaurant. Wir essen draussen, mit Kerzenlicht, zwischen Pflanzen und jeder Tisch ist mit winzigen roten Blümchen bestreut, sieht wunderschön aus. Direkt neben uns, am Nebentisch kämpft ein junges Spanisches Pärchen mit einer riesigen Languste. Die ist 1,600 kg schwer und wird per Gewicht verrechnet, 9 Dinar pro 100g.





Dienstag, 3.Oktober 2006: Das Grosssegel kommt heute dran und wird gründlich
abgespritzt. Dann wird die MABUHAY zum 2. Mal zünftig geschrubbt. Jetzt sieht man es auch, sie ist wieder blitzblank! Sogar der Blutfleck von Pauls Fersenverletzung ist jetzt endlich weg. Eva hat unsere Wäsche in der Wäscherei in Hammamet abgeholt und kommt mit Wolfgang zu uns zum Kaffee.
Abends hat Paul Bauchweh und deshalb machen wir einen riesigen Spaziergang bis um 23h30. Ob vielleicht eine Glacé helfen würde? Paul lässt nichts unversucht und siehe da, es hilft, das Bauchweh ist weg! Aber leider machen wir auch hier wieder eine ein bisschen unschöne Erfahrung. Die Glacé kostet 2.500 Dinar. Wir geben eine 10-Dinarnote und bekommen einen Stapel 1 Dinarstücke retour. Draussen vor dem Geschäft zählen wir die Münzen und es fehlt 1 Dinar (ca. 95 Rappen). Wir reklamieren und bekommen den fehlenden Dinar. Das ist nun schon das x-te Mal, dass uns das oder Ähnliches hier passiert. Ist es Absicht? Ist es ein Versehen? Wir wissen es nicht, aber auf jeden Fall haben wir uns vorgenommen, besser aufzupassen!

Donnerstag, 5.Oktober 2006: Gestern hatte es den ganzen Nachmittag heftigen Wind, der auch Sand mitgebracht hat. Gegen Morgen regnet es und kühlt merklich ab. Ich greife nach Langem wieder mal zur warmen Wolldecke. Bis jetzt reichte mir ein Leintuch. Ich gehe heute zum Coiffeur. Für 5 Dinar (1 Dinar=95 Rp.) schneidet mir ein junger Bursche in 15 Minuten die Haare. Er macht mir zwar eine Treppe ins Haar, aber für den Preis kann man nicht noch motzen, oder? Der Chefcoiffeur sitzt unterdessen draussen auf dem Trottoir. Plötzlich kommt er rein, setzt sich in die hinterste Ecke und raucht eine Zigarette. Hat er wohl vergessen, dass Ramadan ist? Später will er mir mein Velo abkaufen, aber ich nenne ihm so einen hohen Preis, dass er es dann doch nicht will. Gott sei Dank, jetzt wo ich endlich wieder Velofahren kann! Paul findet meine Frisur so einigermassen passabel, aber die Treppe hätte er mir auch machen können, meint er, und erst noch gratis!
Den ganzen Tag war heute bewölkt und nicht mehr so heiss, aber kein Regen.
Wir dürfen von Gisela und Wolfgang Müller die Gangway benutzen (sie brauchen sie im Moment nicht), um besser in die MABUHAY einsteigen zu können.

Freitag, 6.Oktober 2006: Wir lernen Theres und Peter Bangerter aus Lausen (Kanton Baselland, Schweiz) kennen. Sie werden ihr Schiff "Gitanella" hier überwintern und fliegen am Montag nach Hause.
Paul sucht den ganzen Tag LED-Lampen, die ihm unser Sohn Marcus im Sommer
gebracht hat. Er stellt das ganze Schiff auf den Kopf, findet Sachen die wir schon überall gesucht haben, aber keine LED-Lampen! Am Abend lässt es ihm keine Ruhe und er ruft zu Hause bei Marcus an. Dieser hat im Sommer keine LED-Lampen mitgebracht, die beiden hatten nur davon gesprochen! Mann! Meine Nerven!

Samstag, 7.Oktober 2006: Paul hilft Theres und Peter beim Tanken mit der "Gitanella" und sie nehmen das Vorsegel herunter und falten es zusammen.
Ich putze unterdessen ein wenig im Innern der MABUHAY herum. Dabei versenke ich beim Ausschütteln einen kleinen roten Teppich in den Tiefen des Hafenbeckens! Macht nichts, es war kein kostbarer handgeknüpfter.
Müllers haben hier 2 neue Fahrräder gekauft. Am Nachmittag macht Paul an den Velos die Einstellarbeiten: Schaltung, Bremsen, Sattelhöhe. Ob ihm das Schrauben an den Drahteseln wohl doch ein bisschen fehlt?
Abends sind wir bei Bangerters auf der "Gitanella" zum Abendessen eingeladen. Es ist richtig schön, wieder einmal die heimatliche Sprache zu sprechen. Merci vielmals Theres und Peter für den schönen gemütlichen Abend mit dem feinen Essen!

Sonntag, 8.Oktober 2006: Es ist zwar schöner Sonnenschein, aber es weht ein kühler Wind. Wir sind fast den ganzen Tag drinnen im Schiff und machen eigentlich nicht viel. Paul wälzt Kataloge und erstellt eine Riesenwunschliste, was er alles für das Schiff haben möchte (ich möchte "nur" eine Waschmaschine)...
Ich sitze zur Abwechslung wieder einmal am Computer.
Am späteren Nachmittag kommen Bangerters vorbei um sich zu verabschieden. Nach einem gemeinsamen Bierchen heisst es leider schon wieder Abschied nehmen, da sie ja morgen nach Tunis zum Flugplatz müssen: Ciao und gute Reise! Es war schön euch kennen gelernt zu haben!
