Dienstag, 5. September 2006: Südwärts
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in Hafen von Ostia

Dienstag, 5. September 2006: Die Crew wird heute verstärkt. Unser Mitsegler, der 2.Vizehilfsassistent (hat er so gesagt) Markus aus Brügg, kommt mit dem Alitalia-Flug 571 inFiumicino an. Wir holen ihn per Autobus am Flugplatz ab.

Endlich, mit über einer Stunde Verspätung, kommt er an. Markus ist ein erfahrener Skipper und wir freuen uns sehr, dass wir von seiner langjährigen Erfahrung profitieren dürfen. Er wird uns bis nach Tunesien begleiten. Er war schon einmal mit uns und unserer MABUHAY unterwegs, und er ist trotzdem wieder gekommen! Jetzt habe ich zwei Skipper an Bord..., da kann ja nichts mehr schief gehen. Nach seiner Ankunft machen wir eine Besprechung über den weiteren Routenverlauf. Abends werden wir von Markus zum Abendessen eingeladen und zu einer guten Flasche Rotwein, dankeschön Markus!

Heute morgen um 10h30, als ich gerade im Internetpoint war, um einen Bericht und Fotos zu übermitteln, fiel plötzlich im ganzen Hafen Ostia der Strom aus. Etwa die Hälfte der Fotos war gebeamt, als alles zusammenbrach. Weil dieser Hafen so ein moderner, gut eingerichteter Hafen ist, ist auch alles sehr gut abgesichert. Wir haben einen Chip, um durch die Absperrung auf den Steg zu unserem Schiff zu gelangen. Leider, leider ist auch diese Superabsicherung vom Strom abhängig, und wir können weder raus noch rein. Auch die Duschen sind nur per Chip möglich, also heute keine Dusche! Riechen wir halt ein bisschen streng...

Irgendwann kommen die Hafenangestellten, öffnen die Stegtore und blockieren sie mit einem Klebeband. So können wir wenigstens wieder auf den Steg gelangen. Der Strom funktioniert erst wieder am Abend um 20h00. Ja, das hat man halt von der modernen Technik.

Im Internetpoint, was gleichzeitig eine Papeterie ist, habe ich schon heute eine Agenda für 2007 gekauft. Ich weiss, es ist ein wenig früh, aber hier war gerade so eine gute Möglichkeit dafür. Klar, ich hätte eine in Tunesien besorgen können, aber da ich so schlecht Arabisch spreche und besonders lese, ist es mir lieber, keine arabische Agenda zu haben.

 

Mittwoch, 6. September 2006: So gegen 9h00 legen wir ab und es geht Richtung Süden. Um 13h00 segeln wir etwa eine Stunde durch Nebel, wer denkt hier schon an Nebel? Von den 39 sm können wir nur 11 sm segeln, den ganzen Rest müssen wir motoren. Im Hafen Nettuno hat es 850 Liegeplätze und keinen einzigen für uns frei. Wir können aber im Vorhafen römisch-katholisch anlegen (ich kann nichts dafür, das heisst so!). Das heisst, man schmeisst vorne am Bug den Anker runter und legt dann rückwärts mit dem Heck am Steg an und macht dort die Leinen fest. Wir versuchen es dreimal, bis der Anker endlich hält. Der Betonsteg ist viel zu hoch zum aussteigen, aber mit Hilfe meiner 2 Skipper schafft es auch das Grosi, da rauf zu klettern.

Wir wollen zum Amerikanischen Soldatenfriedhof, aus dem Zweiten Weltkrieg. Dort sind rund 7400 Tote beigesetzt, die bei der Schlacht um Montecassino im Jahre 1944, ihr Leben verloren.

Wir haben Pech! Um 17h30 stehen wir vor dem schmiedeeisernen Tor; es ist geschlossen. Um 16h30 wird zugemacht, wir sind genau eine Stunde zu spät gekommen. Ich versuche trotzdem ein paar Fotos zu machen, aber es ist schwierig durch das Tor.

es geht südwärts
in Nettuno
beim Soldatenfriedhof in Nettuno
ist leider geschlossen
Blick durch das geschlossenen Tor

Donnerstag, 7. September 2006: Eigentlich wollten wir ja um 8h00 ablegen, aber es hat dicken Nebel, wie in einem englischen Krimi, wir sehen kaum die Hafeneinfahrt. Wir warten ab und fahren um 10h00 los, Richtung Ponza. Paul und Markus halten vorne am Bug abwechselnd Nebelwache. Es ist unheimlich, alles hätten wir hier erwartet, aber an Nebel hätten wir nie gedacht.

Endlich tauchen die Pontinischen Inseln am Horizont auf. Die Gruppe besteht aus 5 Inseln: Ponza, Zannone und Palmarola bilden die Nordwestliche Gruppe. Ventotene und Santo Stefano liegen etwas südlicher. Alle 5 Inseln sind vulkanischen Ursprungs. Unser Ziel ist die grösste Insel des Archipels, Ponza.

 Entlang der Küste hat die Erosion Felsspitzen und Kliffs in bizarre wunderbare Formen verwandelt. Die in allle erdenklichen Gestalten gewundenen und zusammnegepressten Felsen sind ein wahrer Augenschmaus, deren Effekt durch die Auswaschungen von Wind und Meer noch verstärkt werden. Ich kann mich daran nicht satt sehen, wunderschön! 

Auch die kleine Ortschaft Ponza bietet einen malerischen Anblick. Der Ort oberhalb des Hafens besteht aus pastell-rosa, ocker, blau und weiss gestrichenen Häusern unter grünen Hängen.

 

Wir ankern ausserhalb des Hafens, vor einer schönen senkrechten Felswand. Eigentlich ein idyllischer Platz, nur die vielen Touristenboote die vorbeibrausen, verursachen ziemliche Wellen. Das erfrischende Bad im Meer lassen wir uns aber trotzdem nicht nehmen. Plötzlich kommt ein Boot, dreht eine Runde um uns herum und ein Asiate ruft zu uns herüber: "Mabuhay, mabuhay, kommt ihr von den Philippinen?" Dies ist das erste Mal, dass jemand unseren Schiffsnamen richtig erkannt hat.

die Insel Ponza in Sicht

Freitag, 8. September 2006: Zwischen den Inseln Ventotene und Santo Stefano hindurch nehmen wir Kurs nach Capri. Auf der Insel Santo Stefano hat es eine grosse Festung die als Knast dient, und wo unter anderen auch Mafiabrüder hinter Gittern sitzen. Das Befahren und Ankern rund um die Insel ist verboten; Naturschutzgebiet! Um 8h45 sichtet Paul (wer denn sonst?) eine grosse Gruppe Delfine. Aber sie sind zu weit weg und interessieren sich nicht für uns. Die See ist ölig. Nein, wir haben kein Öl ins Meer gekippt, das heisst so, wenn die Wasseroberfläche spiegelglatt ist. Um 13h00 wieder Delfine. Ha, und wer hat sie entdeckt, wer he? Ich! Leider sind auch diese zu weit entfernt. Nur 2 Stück machen einen Abstecher und nehmen uns genauer unter die Lupe. Vor unserem Bug machen sie einen kurzen Hüpfer und sind schon wieder weg, zurück zu ihrer Sippe. Irgendwann begegnen wir einem weissen Gartenplastikstuhl (nicht kaputt, so wie es aussieht), der gemütlich an uns vorbeitreibt.

Vorbei an der Insel Ischia, erreichen wir endlich nach 72 sm die wohl berühmteste Insel Italiens, Capri (40°32,5 N / 014°14,5 E). Die blaue Grotte haben wir einfach links liegen lassen. Auf der Südseite Capris ankern wir vor einer steilen Felswand, die in dieser Vollmondnacht strahlend weiss erscheint. Sehr eindrücklich!

Capri, vor diese Felswand übernachten wir

Samstag, 9. September 2006: Um 6h50 müssen wir schon los. Um 8h00 gibt es Delfinalarm, diesmal von Markus. Es sind nur 2 Exemplare, direkt vor unserem Bug, aber sie zeigen uns nur schnell ihre Rückenflossen und sind dann auch schon wieder weggetaucht. Die ersten 2 Stunden müssen wir motoren. Aber dann geht plötzlich die Post ab! Mit 6 Beaufort Wind und ziemlich grossen Wellen legen wir eine absolute Rauschefahrt hin! Während 4 Stunden können wir so richtig toll segeln und pflügen nur so durchs Wasser. Wir stellen für uns und für unser Schiff den absoluten Rekord auf.

Während 27,1 sm erreichen wir eine Höchstgeschwindigkeit von 10,1 Knoten und einen Durchschnitt von 6,3 Knoten. Rekord! Alinghis würden bestimmt ganz neidisch werden!!! Nach 53 sm treffen wir um 15h30 in Acciaroli, am Festland ein und bekommen einen Platz im Hafen. Unsere Schweizerflagge wurde heute stark mitgenommen und ist wieder total zerfleddert.

Markus und Paul bekommen eine lange Liste, was sie alles einkaufen müssen. Ich begebe mich unterdessen zum Internetpoint. Ich will die Fotos die ich in Ostia wegen Stromausfalls nicht zu Marcus übermitteln konnte, heute nachliefern.

 Aber das Internet schafft mich eines Tages noch total und ich kriege einen Nervenkollaps oder ich bekomme "Vögel" wie Paul beim ankern! Ich sitze 2½ Stunden vor dem Computerkasten! Es dauert unendlich lange, bis das Zeug im Schneckentempo bis nach Pieterlen gelangt. Oh Mann, ich hätte mir eine Strickarbeit mitbringen sollen...Der Computer-Chef rät mir, ich solle an einen anderen Computer sitzen, dort gehe es vielleicht schneller. Ich versuche es, aber es hilft überhaupt nichts. Zu guter Letzt bringt er mir sogar noch einen Espresso! Würde es das in der Schweiz auch geben? Ich glaube nicht! Endlich habe ich es geschafft und muss erst noch nur für 1½ Stunden bezahlen.

"Meine" 2 Männer haben alles eingekauft, alles zum Schiff geschleppt und sogar schon das Abendessen gekocht. Allerdings erst, nachdem sie geduldig vor einem kühlen, grossen Bier im nahen Restaurant lange, lange auf mich gewartet hatten.

Nach dem Essen "müssen" wir unbedingt in dem schönen alten Dorf Acciaroli spazieren gehen. Es ist ein wunderschön lauer Abend, der Ort ist super beleuchtet und hat viel Charme. Hemingway war auch schon hier.

Montag, 11. September 2006: Mann oh Mann, so früh heute! Um 5h35 legen wir schon ab. Vom Meer aus, im Dunkeln, sehen wir wieder Waldbrände. Wir erleben einen schönen Sonnenaufgang über dem Festland. Ich habe heute eine Sondergenehmigung erhalten und darf wieder in mein fast noch warmes Bett schlüpfen...mmm...schön!

Nach 6 Stunden begegnen wir dem ersten Schiff. Um 11h10 sichten wir (natürlich wieder Paul) den Vulkan Stromboli. Später sehen es auch Markus und ich, die Rauchfahne ist gut sichtbar. Ein kleiner Vogel macht ganz kurz Pause bei uns an Deck und fliegt dann weiter. Nach 64,5 sm erreichen wir um 17h00 die Insel Stromboli, wo wir bei San Vincenzo ankern und uns sofort für ein herrlich abkühlendes Bad ins tiefblaue Meer stürzen.

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