
Montag, 3. Juli 2006: Bevor wir heute San Remo verlassen, haben wir gestern Abend noch eine gute Tat vollbracht. Neben uns liegt das Fischerschiff " Papa Giuseppe ".
Stundenlang versucht ein kleiner Hund, eine Strassenmischung mit zu kurz geratenen Beinen, vom Schiff, wo er ganz alleine ist, auf die höher gelegene Betonmole zu springen. Irgendwann, wir sind gerade fertig mit dem Abendessen, gibt es einen grossen Platscher und der Kläffer hat es geschafft, ins Wasser zu fallen. Paul ist sofort auf den Beinen, bewaffnet mit unserem Bootshaken. Ein Franzose vom Schiff rechts neben uns eilt auch zu Hilfe. Ein italienisches Ehepaar, das den Hund kennt, er heisst nämlich Morgana, kommt dazu und jeder schreit dem Hund in seiner Sprache Befehle zu. Der arme kleine Kerl strampelt verzweifelt um sein Leben und seine Kräfte lassen sichtlich nach. Endlich, nach langem Zurufen, wird das nasse Bündel mit unserem Bootshaken aus dem Wasser gefischt. Der Schiffshund schüttelt sich und..... springt mit einem riesigen Satz wieder auf "sein" Fischerboot! Später sehen wir ihn nicht mehr Sprungübungen machen...
Nach dem Ablegen in San Remo, hat es zwar ein wenig Wind, aber wieder mal aus der verkehrten Richtung. Wir tuckern gemütlich nach Loano. Dort ankern wir vor dem Strand und geniessen einen schönen Abend. Um Punkt 20.00 Uhr spielt ein Glockenspiel im nahen Kirchturm die Melodie "Ave Maria", es ist wunderschön anzuhören in der Abendstimmung.
Wir verbringen eine ziemlich unruhige Nacht wegen den schaukelnden Wellen.

Dienstag, 4. Juli 2006: Weiter geht die Fahrt, zuerst mit sehr wenig Wind, aber dann, ab dem Cap Noli geht richtig die Post ab und wir können super segeln. Bevor wir aber zum Segeln kommen, muss Paul sich gehörig Luft machen und fluchen, fluchen, fluchen! Das Grosssegel hat sich beim Ausrollen verklemmt und ein Tau des Vorsegels verheddert sich an einer Kante. Da sagt man als Co-Skipperin am besten gar nichts... Vor dem alten Hafen von Savona, direkt in der Stadt, hat es eine Fussgängerbrücke, die für die grösseren Schiffe hoch gezogen werden muss. In unserem teuren Küstenhandbuch für Italien (merci Swisscom Team 2 in Bern!) ist da aber keine Brücke eingezeichnet, obwohl diese, wie wir später erfahren, schon seit 1998 besteht! Aber zum Glück haben wir ja noch das französische Handbuch, und da ist die Brücke vermerkt. Per Funk melden wir uns an, das können wir ja jetzt, Funkkurs sei Dank!
Pünktlich, wie versprochen, um 14.30h wird extra für uns die Brücke aufgemacht. Paul hat zwar Angst, dass er den Durchgang nicht trifft, aber er macht das souverän.
Zwei Marineros (Hafenangstellte) helfen uns beim Anlegen. In der Capitaneria sind alle sehr nett und man erklärt uns alles was wir wissen wollen. So auch, wie wir ins Spital San Paolo kommen, wo ich ein Kontrollröntgen an meinem Arm machen lassen will. Ich rufe Massimo an, den Röntgendoktor, den wir bei Nizza kennen lernten. Er erinnert sich an uns und sagt: si,si, kommt subito her ! Mit dem Bus Nummer 5 fahren wir zu dem schönen, modernen Ospedale San Paolo. Massimo Bianucci empfängt uns überschwenglich und wortreich und das Röntgenbild wird sofort gemacht. Der Dottore meint, die Heilung meines Armes gehe gut voran, aber es brauche halt alles seine Zeit! Als wir bezahlen wollen, meint er: no, no, non costa niente !!! Wir sind platt...
Am Abend darf ich von der Capitaneria aus den Bericht von San Remo und alle Fotos dazu an Marcus übermitteln. Als ich bezahlen will: no, no, non costa niente !!! Ich bin schon wieder platt, immerhin war ich eine ganze Stunde im Internet.
Weil heute unser 36. Hochzeitstag ist, essen wir in einem Restaurant im Hafen zu Abend. Wir möchten eine Flasche Wein bestellen. Die englische Besitzerin erklärt uns, in Savona dürfe heute (bis um 01.00h) kein Alkohol ausgeschenkt werden, wegen dem WM-Match
Italien-Deutschland. Da staunen wir aber und sagen ihr, dies sei doch unser Hochzeitstag!
Es tut ihr leid und so bestellen wir halt einen Früchtedrink, der übrigens prima ist. Nach einem feinen Essen kommt die Wirtin und fragt uns leise, ob sie uns ein " Cüpli" offerieren dürfe. Wir fragen nicht lange, ob denn da kein Alkohol drin sei und nehmen das Angebot freudig an.
Nach dem unendlichen Match und dem Sieg 2:0 für Italien (gegen Deutschland) bricht die Hölle los !!! Der Lärm ist unglaublich. Die Fans fahren mit ihren Rollern und Autos, hupend und die Italienflagge schwenkend, stundenlang wie die Irren durch die Strassen von Savona, wir befürchten schon, die werden sich nie mehr fassen! Endlich können wir trotz des hohen Lärmpegels einschlafen und verpassen so das Ende des Radaus.




Mittwoch, 5. Juli 2006: Ich darf heute wieder in der Capitaneria ins Internet um die emails abzurufen. Es ist kaum zu glauben, aber es kostet immer noch nichts. Grazie mille ! Abends findet im Hafen ein Konzert einer englischen Jugendmusik statt, die auf einer Italientournee ist. Es ist schön, so ein Freiluftkonzert an einem warmen Sommerabend.











Donnerstag, 6. Juli 2006: Um 8.00 h sind wir in der Capitaneria um uns abzumelden und um zu fragen, ob man für uns die Brücke öffnet. Der Marinero übergibt uns eine Papiertüte, fein säuberlich angeschrieben mit MABUHAY. Darin 2 Stücke noch warme Focaccia (eine Art Fladenbrot aus Pizzateig), dies sei für unser Frühstück, teilt uns der Marinero mit. Wir sind absolut überwältigt von so viel Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Also Savona steht für uns an erster Stelle in Sachen nettes Marinapersonal !!! Toller Service !!!
Nachdem wir die offene Brücke gut passiert und nichts ramponiert haben, gehts wieder aufs offene Meer hinaus. Wie schon öfter ist auch heute der Wind gegen uns, wir wollen in den Osten und der Wind kommt von Osten. Also kämpfen wir mit dem Motor gegen hohe Wellen und haben später auch noch Regen. Als Zwischenverpflegung verspeisen wir genüsslich die Focaccia. Wir durchqueren den Golf von Genua, lassen dabei aber Genua links liegen, wir sehen es nur von Weitem. Während unserer Fahrt haben wir grossen Respekt vor den riesigen Fähren, Tankern und Kontainerschiffen, müssen wir doch deren Schifffahrtstrasse queren.
Wie geplant treffen wir in Lavagna ein, zirka 22 Seemeilen (40 km) unterhalb von Genua, wo wir einen Platz für die Nacht bekommen.
Nach dem Abendessen auf dem Schiff, machen wir einen langen Spaziergang nach Chiavari, die Nachbarsgemeinde von Lavagna. Bevor wir uns auf den Weg machen, werden am Schiff die Luken vorsorglich geschlossen, weil sich nämlich ein Gewitter zusammenbraut. Wir werden auf dem Rückweg von den ersten Regentropfen erwischt und kurz vor dem Hafen sind wir schon total durchnässt. Kaum im Schiff (22.00h) bricht die Sintflut los !!! Der Himmel hat die Schleusen geöffnet und es schüttet nur so. Plötzlich plätschert es in unserem Salon ziemlich heftig. Ein Sturzbach ergiesst sich ins Innere unserer MABUHAY. Da hat doch einer (ich sage jetzt nicht wer!) vergessen, ein Seitenfenster im Salon zu schliessen!
Die Sauerei ist gross! Die Bücher, alle Gastlandflaggen, die Polster, alles plotschnass!!! Sogar in der Bar stehen die Flaschen im Wasser, zum Glück sind die wasserdicht! Wir schnappen was uns in die Finger kommt um die Bescherung aufzutrocknen. Zum Schluss spendiert der Skipper jedem 2 Gläschen Baileys (merci Marcus) zur Beruhigung!








Freitag, 7. Juli 2006: Den ganzen Morgen trocknen wir unsere nassen Sachen an der Sonne. Um 13.00h verlassen wir Lavagna um wieder 6 Seemeilen nördlich zu fahren. Wir wollen nach Santa Margherita Ligure. Das liegt zwischen dem berühmten Portofino und dem mondänen Rapallo. Wir wollen uns mal ansehen, wo die Schönen und Reichen wohnen.
Nach zirka einer halben Stunde sehen wir, wie sich mächtige Gewitterwolken über den Bergen aufbauen. Es donnert und blitzt rundum in der Ferne. Also nehmen wir direkten Kurs auf den schützenden Hafen von Santa Margherita Ligure. Wir suchen uns einen Platz zwischen den anderen Jachten. In der Bucht vor dem Hafen lassen wir den Anker fallen. Kaum ist der Anker unten, gibt es ein mächtiges Zirren und einen fürchterlichen Knall! Ein greller Blitz schlägt unmittelbar neben unserer MABUHAY, an der Küste ein! Ich will vom Ankerkasten, wo ich das Auslaufen der Ankerkette überwachen muss, zurück ins Cockpit, dabei halte ich mich an der Wante (Drahtseil das den Mast seitlich fixiert) fest. Ich teile Paul mit, dass mich jetzt fast der Blitz erschlagen hat! Er findet das lustig und lacht... dann wirft er einen Blick auf die elektronischen Anzeigen im Cockpit und erschrickt; oh Schreck, alle Displays zeigen nichts mehr an. Wir schauen uns gegenseitig an und werden beide bleich. Jetzt ist klar, die MABUHAY hat eine Überdosis Energie abbekommen! Wir überprüfen sofort alle elektronischen Bordgeräte. Alle nautischen Geräte die mit dem Schiff vernetzt sind, sind tot. Sogar das Funkgerät funkt nicht mehr! Wie soll man da Hilfe anfordern??? Wir haben noch nie so nahe Bekanntschaft mit einem Blitz gemacht, es ist absolut kein angenehmes Gefühl !
Zuerst machen wir mal eine längere Denkpause, erholen uns vom Schock und überlegen was zu tun ist. Wir telefonieren per Handy mit der Capitaneria von Santa Margherita und sie geben uns diverse Telefonnummern von elektronischen Werkstätten in der Umgebung. Überall bekommen wir den Bescheid, sie hätten keine Zeit um uns zu helfen, sie seien bis Mitte August ausgebucht !!! Nur die Firma ALFA RADIO (0039 0185 32 14 58) in Lavagna (44° 18' 4 N / 009° 20' 3 E) ist, trotz Überlastung bereit uns zu helfen!
Also gibt es nur eine Lösung: zurück nach Lavagna. Wieder per Handy fragen wir an, ob es für uns im Hafen Platz hat. Nach vielem hin- und herpalavern finden sie für uns ein Plätzchen zuhinterst im engen und überfüllten Hafenbecken.
Die Firma ALFA RADIO bemüht sich sehr, aber trotzdem werden wir vermutlich eine ganze Woche hier festsitzen! Paul und ich sind total niedergeschlagen. Rund um uns hatte es zig Yachten, warum trifft so ein Blitz ausgerechnet uns??? Ist eigentlich heute der 13.??? Nein, nur Freitag...

Samstag, 8. Juli 2006: Ein tecnico (Rolando) der Firma ALFA RADIO kommt und sieht sich den Schaden an. Er stellt nach längerer Untersuchung fest, dass die meisten Geräte einen Totalschaden erlitten haben. Als er das Funkgerät öffnet, riecht es stark nach Verbranntem. Nun müssen wir in der Capitaneria anfragen, ob wir so lange hier im Hafen bleiben dürfen, bis unser Blitzproblem gelöst ist. Ja, wir dürfen, aber eventuell müssen wir den Platz wechseln, fallls dieser hier gebraucht wird. Das macht uns nichts aus und wir sind froh über den positiven Bescheid.
Jetzt geht es wieder zur Firma ALFA RADIO um zu besprechen wie es weiter gehen soll.
Heute ist Samstag und Geräte zum Auswechseln können nicht mehr bestellt werden. Am Montag hat die Firma ihren Ruhetag, also wird es Dienstag, bis die Sachen bestellt werden können. In der Hoffnung, dass das Material am Mittwoch geliefert wird, könnte man es am Donnerstag einbauen... speriamo!!!
Wir sind wieder guten Mutes und machen einen ausgedehnten Spaziergang durch das schöne nächtliche Lavagna, wo um 23.00 h die kleinsten Kinder noch auf der Strasse sind.

Sonntag, 9. Juli: Abwarten und Wasser trinken!
Am Abend ist wieder einiges los in diesem Lande. Wir schauen uns die zweite Halbzeit des WM-Finales Frankreich-Italien in einem Restaurant an. Als Italien als Weltmeister fest steht, bricht ohrenbetäubender Jubel aus! Wir werden total entsetzt angeschaut, weil wir nicht auch an diesem Freudengeheul teilnehmen. Wir ziehen es vor, auf unser Schiff zu gehen und da noch etwas zu trinken. Die Leute sind vollkommen aus dem Häuschen, umarmen und küssen sich wie die Wilden. Im Hafen lassen einige Schiffsbesitzer sogar die roten Notsignalraketen in den Himmel steigen und lassen gleichzeitig die Nebelhörnern schauerlich ertönen! In der Nachbargemeinde Chiavari wird ein wunderschönes, ausgiebiges Feuerwerk abgefeuert. Vom Schiff aus können wir es gemütlich bewundern.
Dazu natürlich das obligate, unendliche Roller-und Autofahren, begleitet vom Hupen, Schreien und Fahnenschwenken. Zum Glück sind wir diesmal nicht so nahe am Geschehen und können trotz des Infernos einigermassen einschlafen!

Montag, 10.Juli 2006: Paul nutzt die Wartezeit und macht den Oelwechsel am Motor. Er schwitzt dabei zünftig, das Wasser läuft nur so an ihm runter!
