Samstag, 29. April 2006: Es geht los !
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Samstag, 29. April 2006: Wir haben es getan! Wir haben es doch tatsächlich getan! Nach

55 Jahren (Paul) und 34 Jahren (Marie-Therese) haben wir uns von Pieterlen losgerissen!!!

 

Nach enorm vielen Vorbereitungen und einigem Stress; Arbeitsstelle, alle Versicherungen, Krankenkasse, Mitgliedschaften in Vereinen, verschiedene Abonnemente usw. künden. Haus an den Sohn und seine Familie verkaufen, Abschiedsausstellung organisieren, durchführen und Geschäft auflösen.

Umziehen ins Provisorium, dazwischen krank sein, ohne dafür Zeit zu haben, schnell noch eine schwere Funkerprüfung (Ich, MT) ablegen, und, sehr wichtig, endlich mal unser Enkelkind Jessica ein wenig verwöhnen, jetzt wo sie endlich in der Schweiz wohnt !!

Diverse Bankangelegenheiten müssen erledigt werden und auf der Gemeinde muss auch noch Bescheid gesagt werden.

Viele Impfungen sind notwendig und ein Haufen Medikamente bestellt. Der Besuch beim Optiker darf auch nicht vergessen werden! Segelreisebücher fehlen noch ! Was haben wir sonst noch alles vergessen? Segelkarten?

Aha, die 2 Autos müssen auch noch verkauft sein.

Letzte Versammlung bei den Naturfreunden Lengnau, letzte Spanischstunden und letzte Singprobe ( beim "Viva la Musica " das für mich gesungen wird, wird mir erst bewusst, was das eigentlich bedeutet...)

Abschied nehmen von Müttern und Geschwistern, Freunden, Bekannten,

Arbeitskolleginnen und Schulkameraden. In den letzten zwei Wochen vor der Abreise sind wir jeden Abend irgendwo eingeladen, wir haben sogar zu wenig Abende um alle Einladungen anzunehmen.

An dieser Stelle möchten wir alllen, die uns zum Abschied eingeladen haben, ganz herzlich für die gemütlichen Abende danken. Wir haben jeden einzelnen genossen!

Am Donnerstag 27. April ist der ganze Frauenchor bei uns zu Hause, im früheren

Velogeschäft, zu einem kleinen Abschiedsfestli anwesend. Mit Unterstützung meiner Familie werden sie bewirtet und ich glaube, es ist ein ganz gelungener Abend geworden. Jedenfalls lassen es sich die Frauen nicht nehmen und singen mit vollem Einsatz für uns ein paar Lieder. Ganz, ganz lieben Dank an den Frauenchor Pieterlen, auch für das wunderschöne Abschiedsgeschenk; ein tolles Gästebuch mit einem Supergedicht. Merci vielmals an die Dichterinnen !!!

Der letzte Abend, der Freitag, gehört dann ganz alleine der Familie, d.h. Claudia und Max, Anke, Marcus und Jessica.

Die fünf beschenken uns mit einer riesigen Überraschungsfresskiste in der 

tausend gute und praktische Sachen drin sind, sodass wir sogar auf einer einsamen Insel eine Zeitlang überleben könnten. Alles Sachen die wir prima gebrauchen können.

 

Ich hätte zu gerne bei dem Grosseinkauf Mäuschen gespielt !!! Ein herzliches Dankeschön an die Spender für die tolle Idee mit der Überlebenskiste !

 

Überhaupt möchten wir allen danken, die in irgendeiner Weise bei unserem Projekt an uns gedacht haben, sei es mit guten Wünschen oder von A (wie Alkohol) bis Z (wie Zwiebeln)!

Und dann ist es endlich soweit; um 05.00 h am Samstagmorgen läutet der Wecker und

Nervosität macht sich breit. Die letzten Dinge werden eingepackt. Anke und Marcus bringen uns Kaffee und Schoggolädli rüber, ah.. das ist schön!

Pünktlich um 06.00 h stehen Edith Wagner und Theres Klinger von den Naturfreunden Lengnau vor der Tür. Also wirklich, die Überraschung ist ihnen gelungen ! Fast gleichzeitig treffen Edith und Heinz ein. Sie erklärten sich bereit, uns nach Südfrankreich zu führen. Der Kofferraum ihres Autos erweist sich als zu klein für unser ganzes Bagage und so dürfen wir das grosse Auto von Anke und Marcus benützen. Ja, das sieht doch schon viel besser aus..., merci. Eigentlich wollten wir um 06.00 h losfahren, aber bis alles verstaut ist, wird es doch etwas später. So, jetzt gilt es ernst, wir fahren jetzt ! Nach 20 Metern merkt Edith, dass sie die Sonnenbrille vergessen hat. Also noch einen Umweg über Lengnau. Dort merken wir, dass wir unsere ganze Bar vergessen haben. Also halt wieder zurück nach Pieterlen, um ein paar Flaschen einzuladen, man weiss ja nie, was wir unterwegs für Notfällen begegnen!. Es ist 07.00 h als wir endgültig losfahren. Schönes Wetter. In Genf am Zoll beachtet uns keiner. Ausser, dass wir unterwegs im Auto picknicken müssen, weil der Wind so stark ist, gibt es keine besonderen Vorkommnisse.

In Arles zeigen wir Edith und Heinz, als kleine Überraschung, die Brücke, die Vincent van Gogh hier gemalt hat.

So gegen 16.00 h treffen wir hier in Port St. Louis ein. Der Ort liegt genau dort wo die Rhone ins Meer mündet, wenn man auf der Karte schaut, rechts von der Camargue. Der Hafen, wo unsere MABUHAY liegt, heisst Port Napoleon und befindet sich ca. 2 km ausserhalb des Dorfes Port St. Louis.

Die Hafenarbeiter karren sofort unsere aufgebockte MABUHAY heran und Paul erkennt mit einem Blick, dass die Arbeiten die wir an Ostern bestellt hatten, nicht ausgeführt wurden!

Einzig das Sägeblatt auf der Propellerwelle, das die Fischernetze und Seile zerschneidet, falls man welche einfährt, wurde montiert. Ein Plastikschutz ist noch drauf und beim Entfernen dieses Schutzes schneidet Paul sich tief in den Daumen und muss verpflastert werden, das fängt ja schon gut an !!!

Das Schiff wird ins Wasser gelassen und der Motor springt sofort an, aber, oh je, oh je, das Bugstrahlruder (Querruder vorne am Bug) macht keinen Wank ! Genau jetzt, wo der Mistral mit 9-10 Beaufort höllisch pfeift, wäre das Bugstrahlruder das wichtigste Teil um im Hafen zu manövrieren; das kann ja heiter werden !!!

Wir bleiben die Nacht in der Nähe der Krananlage und verfrachten dort unseren ganzen Haushalt an Bord der MABUHAY. Wo soll das Zeug bloss alles verstaut werden?

diese Brücke in Arles hat Vincent van Gogh gemalt
das Original

Sonntag, 30. April 2006: Der Mistral hat nachgelassen und wir können unser Schiff an den Liegeplatz am Steg G verlegen. Hier gefällt es uns schon viel besser.

Wir machen einen Spaziergang über das ganze Hafengelände und anschliessend fahren wir mit dem Auto zum Plage Napoleon (Strand) um Edith und Heinz zu zeigen, wie der Mistral dort draussen tobt. Unterwegs zum Strand liegt doch tatsächlich ein weisser Mercedes neben der Strasse im Meer, bis zur Hälfte im Wasser, die Autonummer noch dran....

Vor dem Abendessen überraschen unsere Gäste uns mit einer Flasche Schämpis und einem willkommenen Geschenk. Nach dem Abendessen wird es dann noch ein langer, gemütlicher Abend...

der erste Abend mit Edith und Heinz auf der MABUHAY

Montag, 1. Mai 2006: Wir machen uns einen schönen Tag und fahren mit dem Auto nach Port de Bouc, schauen uns den Hafen an und weiter gehts nach Martigues wo es einen herrlichen Salatteller auf einem Platz an der Sonne gibt. Wir zeigen Edith und Heinz den rosaroten See ( Lac de Lavandrou oder so ?) Wieso ist der so rosarot? Vom Salz? Auf jeden Fall ist er beeindruckend. Auf dem Rückweg machen wir einen Abstecher mit der Fähre über die Rhone und besuchen die Salzberge in Salin de Giraud, au, da hat es aber Salz für die Pommes.....und, wir haben Durst !

Wir essen zum ersten und zum letzten Mal im Restaurant Du Port zu Abend. Ich bestelle in einem Anfall geistiger Umnachtung ein Entrecote und kann es trotz heftigster Anstrengungen nicht zerschneiden. Es ist zäh wie eine Schuhsohle und hat viiiiiiiiel Fett dran, bähhh...! Paul reklamiert für mich und ich erhalte einen neuen Teller mit einem neuen Entrecote. Dieses kann ich nun einigermassen essen, aber der Hit ist es auch nicht direkt. Also, ich habe wieder mal was gelernt, was ich eigentlich schon wusste: bestelle hier niemals ein Entrecote !!! Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass die Fische die die anderen drei bestellt haben, nicht so schlecht waren.

ein rosaroter See...
...und sooo viiiel Salz!

Dienstag, 2. Mai 2006: Edith und Heinz verlassen uns um 09.30 h und wir bleiben nun ganz alleine zurück, jetzt gilt es erst richtig ernst !!! Ganz, ganz lieben Dank an die Beiden fürs Herfahren und Hiersein, es hat uns den Anfang in unserem neuen Leben enorm erleichtert!

Um 11.00 h (pünktlich) kommt Patrick Dufour, ein belgischer Elektriker und flickt unser Bugstrahlruder. Das kostet schnell 90.00 Euro.

Paul macht unsere 2 Velos flott und wir fahren zum Einkaufen ins Dorf, ist gar nicht so weit, wenn kein Mistral bläst.

Am Abend überkommt mich der 1. Schiffskoller. Ich habe nicht erwartet, dass der so schnell kommt. Pieterlen fehlt halt doch ein Bisschen. Paul meint, es würde vielleicht helfen, die kleine Enkelin Jessica anzurufen, aber wir lassen es dann doch sein.

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Edith und Heinz verlassen uns um 09.30 h
 

Mittwoch, 3.Mai 2006: Paul beginnt mit dem Bau der 2 Schränke im Schlafzimmer. Das Holz hat er von Pieterlen mitgebracht, richtiges Schiffsholz, damit es ja gut kommt. Den ganzen Tag ist er mit Leib und Seele dabei zu messen, sägen, hobeln, schleifen, anpassen und dann das Ganze wieder von vorne. Da merkt man schon, dass er eigentlich als Kind immer Schreiner werden wollte.

Ich studiere unterdessen die Bedienungsanleitung für den Wetterfax, aber ich verstehe nur Bahnhof. Also, das schauen wir uns dann mal später an, im Moment brauchen wir ja noch kein Wetter.

So eine Wireless-Verbindung (W-LAN) mit dem Laptop ist eine tolle Erfindung, wenn sie denn funktionieren würde! Wir wissen, dass es hier so etwas gibt, aber bei uns klappt das einfach nicht, obwohl wir doch extra dafür zum Apéro beim Happy Hour gehen, in der Hoffnung, dass es im Restaurant klappt.

Der 2. Schiffskoller fällt mich an !

Paul baut neue Möbel.

Donnerstag, 4. Mai 2006: Habe heute eine Fieberblase, war das Ganze doch ein bisschen viel für mich? Und natürlich ist im ganzen Schiff die Zovirax-Salbe nicht auffindbar. Paul arbeitet weiter an seinen Schränken und dem Büchergestell, es wird sehr schön. Ich backe unterdessen Brot und schreibe an den Berichten. Von der Reception des Hafens kann ich endlich die E-Mails abrufen und welche versenden.

das Bücherregal ist schon fertig und sehr schön geworden

Freitag, 5. Mai 2006: Sehr heiss heute! Paul streicht zum 4. Mal seine Schreinerarbeiten und baut sie ein. Später räumen wir Büchsen und Teigwaren in diverse Geheimfächer. Überhaupt, wo sollen alle die Sachen hin, die wir mitgebracht haben? Und inzwischen haben wir auch bemerkt, dass wir vieles zu Hause vergessen haben.

Ich sitze den ganzen Nachmittag am Laptop und übe, den Bericht und Fotos auf den USBStick zu beamen. Irgendwann klappt es dann tatsächlich doch noch.

Samstag, 6. Mai 2006: Von der Reception aus können wir nun doch noch den Bericht und die Fotos vom USB-Stick an Marcus übermitteln. Auch die Wireless-Verbindung klappt nun. Mensch, war das eine Übung!

Am Abend haben wir Besuch von Susi und Toni. Sie sind unterwegs von Ampuriabrava

(Spanien) in den Kanton Aargau und legen auf unsere Einladung hin, hier einen

Zwischenstopp ein. Wir essen zusammen im Restaurant El Brasero im Dorf eine feine Pizza und Paul löchert Toni den ganzen Abend mit -zig Fragen zum Thema Segeln, die der erfahrene Seemann Toni, gerne und ausführlich beantwortet. Die beiden übernachten bei uns auf dem Schiff und nach dem Frühstück setzen sie ihren Weg in die Heimat fort. Merci Ihr zwei für Euren Besuch.

Sonntag, 7.Mai 2006: Paul und ich fahren mit Markus, einem Schweizer, den das gleiche Fernweh gepackt hat, wie uns, nach Port de Bouc. Dort findet ein nautischer Flohmarkt statt. Wir finden allerdings nichts Brauchbares für uns. Was aber sehr interessant ist, sind die Rettungsübungen einer Gruppe von Meeresrettungshunden, Neufundländern. Die Hunde sind voller Eifer bei der Sache und wir wussten nicht einmal, dass es so etwas gibt.

Am Abend ist Markus bei uns zum Znacht. Es gibt Rösti, Bratwurst und Salat, na was denn sonst? Markus hat sein Boot, den Grizzly Bear, ganz in der Nähe unserer MABUHAY, aber im Gegensatz zu uns hat er sein Schiff aus Holz in viereinhalb Jahren selber gebaut. Alle Achtung!

Flohmarkt für Segler in Port de Bouc
ein braver Rettungshund
es gibt Rösti und Bratwurst

Montag, 8.Mai 2006: Wir fahren mit unseren Velos nach Port St. Louis. Es hat ziemlich kalten Wind, aber keinen Mistral. Um 11.00 h findet in Port St.Louis eine Gedenkfeier zum 61. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges statt. Dafür werden von der Polizei 3 Strassen abgesperrt, die französische Flagge wird beim Klang der Marseillaise gehisst, der Gemeindepräsident und die Vizepräsidentin legen beim Denkmal ein Blumengebinde nieder, zwei Veteranen der 1. Division legen auch Blumen nieder, es gibt eine

Schweigeminute (während derer ein dämlicher Tourist in seinem Auto hupen muss, weil er es so eilig hat !). Die Gedenkfeier ist zwar sehr klein und kurz, aber trotzdem sehr eindrücklich.

Den ganzen Nachmittag regnet, nein , schüttet es und es ist saukalt, das hätten wir zu Hause auch haben können. Aber wir haben es in unserem Schiff sehr gemütlich. Sind immer noch am Verstauen von Material.

Gedenkfeier zum 61. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges
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